Foodwatch täuscht Verbraucher mit Desinformationen

Bericht zur Pestizitbelastung ohne ausreichende Datengrundlage

Foodwatch täuscht Verbraucher mit Desinformationen
Getreide
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Bericht zur Pestizitbelastung ohne ausreichende Datengrundlage

Foodwatch täuscht Verbraucher mit Desinformationen

Veröffentlicht am: 
13
November
2023
Lesezeit:
0
Min
Bild von: 
Uta Struhalla
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Bericht zur Pestizitbelastung ohne ausreichende Datengrundlage

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Bericht zur Pestizitbelastung ohne ausreichende Datengrundlage

Foodwatch täuscht Verbraucher mit Desinformationen

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13
November
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Foodwatch, der gemeinnützige Verein, der sich aus Spenden und über Förderbeiträge finanziert, hat am 10.10.2023 einen Bericht zu Getreideprodukten vorgelegt, eine Pressemitteilung dazu herausgegeben und eine Online-Petition für Supermärkte gestartet. Foodwatch behauptete in Supermärkten sei jedes dritte Produkt aus Getreide mit Pestiziden belastet. Für diese Behauptung gibt es keinerlei Belege und Foodwatch hat damit der gesamten Branche der Getreideverarbeiter und des Bäckereigewerbes in Deutschland, Österreich und der Schweiz geschadet. So berichtet die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) bei den untersuchten Weizenproben im Jahr 2021 übersteigen lediglich 1,5 % der Proben den Grenzwert.

Gastartikel von:
Artikel von:

In der Petition und in ihrem Bericht „The Dark Side of Grain: Unmasking Pesticide Use in Cereal Crops, October 2023“ beruft sich Foodwatch wiederholt auf ihre eigenen Analysen der Daten der Datenbank der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA). Foodwatch behauptet in seinen Veröffentlichungen, dass ein Drittel aller Getreideprodukte Pestizide enthalten. Insbesondere Brötchen (die in Irland getestet wurden) wären zu fast 90 % mit Pestizidrückständen belastet.  Insgesamt würden Mehl, Haferflocken und Brot höhere Rückstandsdaten aufweisen als unverarbeitetes Getreide. Von 2.234 Proben von Getreideprodukten enthielten 837 ein oder mehrere Pestizide (37 %). Die kontaminierten Proben enthielten 1.215 Rückstände von 65 verschiedenen Pestiziden. Davon überschritten 18 Rückstände in 14 Proben die Rückstandshöchstmengen (MRL).

Hier der Text von der Homepage von Foodwatch. Dort behauptet Foodwatch:

„Allein auf Weizen und Gerste entfallen 45 Prozent des Pestizid-Einsatzes in Deutschland. Jedes dritte Getreideprodukt im Supermarkt enthält denn auch Pestizid-Rückstände, wie ein neuer foodwatch-Report zeigt. Mit einer Petition fordert foodwatch Supermärkte europaweit auf, ihre Marktmacht für eine pestizidfreie Landwirtschaft zu nutzen. Der Getreide-Anbau trägt wesentlich zum massiven Pestizideinsatz in Deutschland und der EU bei. (...) "

Für ihren Bericht „The Dark Side of Grain“ will Foodwatch Daten der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) analysiert haben. Pestizidrückstände seien in unverarbeitetem Getreide und in verarbeiteten Getreideprodukten wie Brot und Haferflocken gefunden worden. Von 837 Proben der insgesamt von Foodwatch erfassten 2.234 Proben enthalten 37% Rückstände von Pestiziden. Die belasteten Proben weisen 1.215 Rückstände von 65 verschiedenen chemischen Pflanzenschutzmitteln auf. Das Fazit von Foodwatch lautet: "Problematisch ist jedoch der Pestizid-Cocktail: Allein die schiere Zahl der verschiedenen Pestizide in den Produkten stellt ein gesundheitliches Risiko dar.  In verarbeiteten Getreideprodukten wie Mehl, Brot oder Haferflocken sind die Rückstände deutlich höher als in unverarbeiteten Getreidesorten.“

The Dark Side of Foodwatch

Puh, das sind starke Aussagen von Foodwatch und viele Verbraucher werden nun verunsichert sein. Vor allem von der geschickten Satzkombination auf der Homepage: „…in Deutschland. Jedes dritte Getreideprodukt im Supermarkt enthält denn auch Pestizid-Rückstände…“. Hier wird suggeriert, dass in „deutschen“ Supermärkten die Produkte aus Getreide Pestizide enthalten. Hier der Screenshot vom 11.10.2023 von der Homepage:

Hier springt gleich die erste Falschaussage ins Auge: Gerste und Weizen nehmen nicht 60% der Fläche ein, sondern 25% der landwirtschaftlich genutzten Fläche (Pressemitteilung BfR vom 12.10.2023/ Quelle: destatis). Aber erstmal weiter zu den Aussagen zu Getreideprodukten in Supermärkten.

Nach unserer Anfrage bei Foodwatch, woher denn diese Daten kommen und wie sie diese Aussage belegen können, rudert Foodwatch zurück. Es sei ein "Flüchtigkeitsfehler" gewesen. Hier der Wortlaut der Antwort von Annemarie Botzki von Foodwatch, der Autorin der Studie:

E-Mail Screenshot.

Die Aussage zu den belasteten Produkten findet sich übrigens nicht nur auf der Homepage, sondern auch in den anderen Veröffentlichungen und bis heute bei X (Twitter). Die Foodwatch Meldung ist seit dem Morgen des 10. Oktober draußen und einige Zeitungen haben bereits getitelt. So finden sich Meldungen dazu bei X und in der Onlinepresse. Headlines im Print folgen. „Pestizide in Brot“ schreibt eine Zeitung und „Massiven Pestizideinsatz“ bei der Getreideproduktion in Deutschland und der Europäischen Union (EU) beklagt das Ärzteblatt vom 10. Oktober 2023. Und der Tagesspiegel titelt: "Pestizide in Brot und Co.: Foodwatch beklagt „Pestizid-Cocktail“ in Getreideprodukten.

Besonders ärgerlich ist es, dass deutsche Medien die Behauptung zur Pestizidbelastung von Broten und anderen Getreideprodukten übernehmen. So hat Deutschland 2021 gar keine Daten zu Brotproben an die EFSA übermittelt.

Getreideprodukte von mitteleuropäischen Erzeugern liegen zu über 99% unterhalb der Grenzwerte für eine Pestizidbelastung. Dennoch gibt Foodwatch folgende Pressemitteilung heraus: „Bei der Herstellung von Brot, Haferflocken und anderen Getreideprodukten kommen oftmals gefährliche Pestizide wie Glyphosat zum Einsatz – mit gravierenden Folgen für Umwelt, Klima und Artenvielfalt”, erklärte Annemarie Botzki von foodwatch. „Die Supermärkte sollten ihre Marktmacht nutzen und nur noch pestizidfreie Getreideprodukte verkaufen – das würde den Pestizideinsatz in Deutschland auf einen Schlag halbieren. Wenn unser tägliches Brot pestizidfrei wäre, dann wäre das ein Riesenschritt hin zu einer nachhaltigeren und umweltfreundlicheren Landwirtschaft.”

Annemarie Botzki beruft sich für diese Aussagen auf die EFSA. Fakt ist: Bei deutschen EFSA-Proben wurden 5.768 Lebensmittel auf Glyphosat analysiert. Davon waren 5.734 Proben, also 99,41 % ohne Rückstände von Glyphosat. Zu Rückständen in Broten hatte Foodwatch gar keine Proben, die auf irgendeine Art von Pestiziden analysiert worden wären. Foodwatch hatte ebenfalls keine Daten aus der Schweiz. Foodwatch macht sich mit solchen Desinformationen lächerlich. Diese Aussagen, die ohne ausreichende Datenbasis einfach in einer Pressemitteilung veröffentlicht werden, verschärfen zudem die Auseinandersetzung um den sinnvollen Einsatz von Pflanzenschutz, um beispielsweise Insekten noch besser zu schützen. Verbraucher und Kunden der Getreidebranche werden mit den falschen Aussagen von Foodwatch bewusst und fahrlässig getäuscht.

Bei Getreide möchten Verbraucher weiter sichere Lebensmittel, so wie sie es von der Branche der Getreideverarebiter gewohnt sind und keine lebensgefährlichen Verunreinigungen durch pflanzliche und tierische Erreger. Die Angst vor verunreinigten und damit lebensgefährliche Produkten kennen noch unsere Vorfahren. Die Forderung nach einer Getreideerzeugung ohne Pflanzenschutz ist realitätsfern.

Fehler sind geschäftsschädigend

Annemarie Botzki ist nicht die Alleinautorin der Publikation. Mit ihr zeichnet der Executive Director von Foodwatch, Jörg Rohwedder, verantwortlich für die Textinhalte zusammen mit Lars Neumeister. Lars Neumeister wird als Pestizidexperte vorgestellt und arbeitet laut seiner Homepage seit dem FH-Studium in Eberswalde für verschiedene NGOs.

Auf unsere Anfrage zur belastbaren Datenbasis für die Aussagen von Foodwatch, die auf Daten der EFSA beruhen, sowie Berechnungen von Foodwatch, sendet er uns einen Link zu den Veröffentlichungen der EFSA. Deren Untersuchungen belegen jedoch nicht die Behauptungen von Foodwatch. Lars Neumeister hat selbst den Überblick verloren und schreibt: "Über Belastung der Ware in Supermärkte schreiben wir, glaube ich nirgends." Das stimmt zu dem Zeitpunkt seiner E-Mail nicht. Da wurde noch behauptet, ein Drittel der Getreideprodukte in Supermärkten sei mit Pestiziden belastet. Das ist kein Flüchtigkeitsfehler, sondern geschäftsschädigend.

MANCP-Ergebnisse

Im Jahr 2021 wurden von den EU-Mitgliedstaaten, Island und Norwegen insgesamt 87.863 Proben von Lebensmitteln, die unter die Verordnung (EG) Nr. 396/2005 fallen, auf Pestizidrückstände analysiert.

Zu den verarbeitete Lebensmitteln, also Getreideprodukte schreibt die EFSA: "Von den insgesamt 87.863 Proben wurden 8.871 Proben (10,1 %) als verarbeitete Lebensmittel gemeldet, ausgenommen Babynahrung. Die Konformität dieser Produkte wird anhand des maximalen Rückstandsgehalts im Agrarrohstoff nach Anwendung eines Verarbeitungsfaktors überprüft. In 397 Proben (4,5 %) wurden Rückstände über dem MRL festgestellt, davon waren 275 Proben (3,1 %) aufgrund von Messunsicherheiten nicht konform. (...) Die verarbeiteten Lebensmittel mit einer Nichtkonformitätsrate von mehr als 10 % und mehr als 10 gemeldeten Proben waren: Weinblätter und ähnliche Arten (60 % für Produkte in Dosen/Gläsern/eingelegte/marinierte Produkte, 54,7 % für gesalzenes Gemüse), Chilischoten ( 20 %), spritzbare Sahne aus Rindermilch (15,2 %), Reismehl (13,3 %), getrockneter Seetang (11,6 %) und getrocknete Dillblätter (11,1 %)."

Dazu im Einzelnen berichtet die EFSA im "National summary report on pesticide residue analysis performed in 2021" vom 3. März 2023 für Österreich: "Im Jahr 2021 wurden 983 Proben auf Pestizidrückstände untersucht. Bei diesen Proben handelte es sich hauptsächlich um Obst und primäre Derivate davon (401 Proben), Gartengemüse und primäre Derivate davon (351 Proben), stärkehaltige Wurzeln und Knollen und primäre Derivate davon (100 Proben) und Körner und Getreidebasierende Produkte (75 Proben)."

Das bedeutet in Österreich wurden lediglich 75 Proben von Getreide und Getreideprodukten untersucht, es wurden keine Brote untersucht.

Deutschland hat insgesamt 20.416 auf Pestizidrückstände untersuchte Proben für 2021 an die EFSA übermittelt, wobei 20.368 Proben für den Jahresbericht der EFSA relevant waren, davon 19.790 Überwachungsproben und 578 Vollstreckungsproben, also Proben aufgrund eines Verdachts oder Vorkommnisses. Alle diese Beispieldaten erfüllten die Anforderungen der Geschäftsregeln der EFSA. Von diesen Proben stammten 13.300 Proben aus dem Inland EU, 3.959 Proben wurden außerhalb der EU hergestellt und 3.109 der Proben hatten eine unbekannte Herkunft. Proben aus verarbeitete Lebensmittel waren nur in geringer Anzahl dabei, da hier von der EFSA Verarbeitungsfaktoren mit berücksichtig werden müssten und zu Messunsicherheiten kommen könnte.

Dazu hier ein Ausszug aus dem von Foodwatch als Datenbasis für seinen Bereicht herangezogene Veröffentlichung der EFSA zu den Lebensmittelproben und Rückständen: "Die Kombination von Vorkommens- und Verbrauchsdaten auf RPC-Ebene impliziert, dass alle im RPC vorhandenen Rückstände den Endverbraucher erreichen. Diese Annahme ist jedoch konservativ. In der Realität werden sich die Rückstandskonzentrationen höchstwahrscheinlich aufgrund der Verarbeitung wie Schälen, Waschen, Kochen usw. ändern. Die Auswirkung der Verarbeitung wird üblicherweise anhand von Verarbeitungsfaktoren berücksichtigt. Ein Verarbeitungsfaktor berücksichtigt die Änderung der Rückstandskonzentrationen und ist für jedes RPC, jeden Verarbeitungstyp und jeden Wirkstoff spezifisch. Verarbeitungsfaktoren werden quantifiziert, indem die Rückstandskonzentration in der verarbeiteten Ware durch die Rückstandskonzentration in der Rohware dividiert wird."

Die EFSA räumt selber ein, dass bei Getreideprodukten - also aus Getreide hergestellten Produkten - durch die Verarbeitung eine erneute Probenziehung notwendig ist, um herauszufinden, ob Rückstände auffindbar sind.

Aus dem Summary Report: "Sowohl die Kontrollprogramme als auch die Probenahme und die eigentlichen Analysen werden von den zuständigen Behörden der Bundesländer durchgeführt. Die Analyseergebnisse werden an das BVL übermittelt. Das BVL stellt die von den Ländern übermittelten Daten nach den Geschäftsregeln der EFSA zusammen, nimmt eine Bewertung vor und übermittelt die Daten gemäß Artikel 31 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 an die Europäische Kommission, die EFSA und die anderen Mitgliedstaaten. Darüber hinaus werden alle Ergebnisse jährlich in einem "Nationalen Bericht über Rückstände von Pflanzenschutzmitteln in Lebensmitteln" veröffentlicht. Dieser Bericht dient als Grundlage für die Diskussion von risikominimierenden Maßnahmen im Bereich der Lebensmittelsicherheit." 

Insgesamt hat Deutschland an die EFSA 1225 Proben (surveillance + follow-up Proben) zu Getreide in 2021 geliefert. Den größten Teil an Rückständen fand die ESFA bei diesen Proben im Reis, der nicht aus Deutschland stammte. Wichtig  hierbei: Es wurden von Deutschland an die EFSA keine Daten zu Brot oder Ergebnisse von Brotproben übermittelt. Repräsentativ sind diese Daten nicht und schon gar nicht für Getreideprodukte in Supermärkten.

Ergebnisse aus Deutschland vom BVL

Die Anzahl der Proben zu Getreide und Getreideprodukten in Deutschland (also nicht nur heimische Produkte, sondern auch Produkte aus der EU und aus Drittstaaten, wie Reis, Quinoa etc.) setzt sich folgend zusammen: Buchweizenmehl inkl. Pseudogetreide wie Quinoa und Chia (115 Proben), Dinkel (36 Proben), Gerste (17 Proben), Hafer (21 Proben), Hirse (6 Proben), Mais (7 Proben), Reis (320 Proben), Roggen (57 Proben), Weizen (192 Proben), Hopfen (5 Proben), Sesamsamen (138 Proben), Buchweizenmehl (6 Proben), Dinkelflocken (27 Proben), Dinkelmehl (14 Proben), Haferflocken (55 Proben), Hirsemehl (2 Proben), Gerstengraupen (2 Proben), Gerstenmalz (4 Proben), Maiskonserven (3 Proben), Maisgrieß (2 Proben), Rapsöl (6 Proben), Sesamöl (2 Proben) Reisflocken (2 Proben), Roggenschrot (4 Proben), Roggenmehl (167 Proben), Weizenkleie (1 Probe) und Weizenmehl (133 Proben).

Die Anzahl der Proben ist nicht statistisch repräsentativ, ebenso wie die von Österreich. Ein Rückschluss auf die Gesamtanzahl aller Getreideprodukte ist unseriös.

Für die Berichterstattung an die  (EFSA) und die Europäische Kommission werden die Proben in "surveillance samples" und "follow-up enforcement samples" unterteilt. Als "surveillance"-Proben bezeichnet man dabei die Plan- und die Monitoring-Proben, also ganz normal zufällige Proben. Während Verdachts-, Beschwerde- und Verfolgsproben unter der Bezeichnung "follow-up enforcement"-Proben zusammengefasst werden - hier sind selbstverständlich schlechtere Werte erwartbar. Von den 20.603 Proben des Berichtsjahres fallen insgesamt 20.022 Proben in die Kategorie "surveillance" und 581 Proben in die Kategorie „follow-up enforcement".

Ergebnisse des EU-Kontrollprogramms (EU MACP)

Ergänzend dazu die zusammengefassten Ergebnisse der Untersuchungen des mehrjährigen koordinierten EU-Kontrollprogramms (EU MACP). Gemäß Anhang  D – Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 2020/585 9 haben die Berichtsländer eine bestimmte Anzahl von Pestizid-/Lebensmittelproduktkombinationen beprobt und analysiert.

Der EU MACP deckt die 12 am häufigsten konsumierten Lebensmittel in Europa ab. Die gelisteten Produkte verteilen sich auf einen 3-Jahres-Zyklus, so dass alle 3 Jahre die gleichen Produkte analysiert werden. Zu den diesjährigen Nahrungsmitteln gehörten Auberginen (Auberginen), Bananen, Brokkoli, Kulturpilze, Grapefruit, Melonen, Gemüsepaprika, Tafeltrauben, natives Olivenöl, Weizen, Rinderfett und Hühnereier. Für die Auswertung der Daten ist wichtig, dass hier als einziges Getreide und Getreideprodukt Weizen betrachtet wird.

Im Jahr 2021 wurden im Rahmen des EU MACP insgesamt 13.845 Proben gemeldet. 13.550 Proben (97,9%) lagen innerhalb der gesetzlichen Grenzwerte.  In 8.043 dieser Proben (58,1 %) wurden keine quantifizierbaren Rückstände gemeldet (die Rückstände lagen unter der Bestimmungsgrenze (LOQ)). Die Anzahl der Proben mit Pestizidrückständen innerhalb der gesetzlich zulässigen Werte (auf oder über dem LOQ, aber unter oder auf dem MRL) betrug 5.507 (39,8 %). Bei 2,1 % (295) der Proben wurden die MRL überschritten, wovon 1,3 % (184) unter Berücksichtigung der Messunsicherheit als nicht konform eingestuft wurden. Im Durchschnitt stammten 53,3% der analysierten Proben aus dem Inland, 22,8% aus anderen EU-Ländern, 19,6% aus Drittstaaten und 4,3% waren unbekannter Herkunft. Alle verfügbaren Daten finden sich hier.

Eine übersichtliche Darstellung aller Tabellen und Ergebnisse finden deutschsprachige Nutzer auf den Seiten des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherhiet (BVL). Alle Tabellen sind hier auch zum Herunterladen verfügbar.

Brot ist nicht pestizidbelastet

Auch für die Behauptung, deutsche Verbraucher würden „Brot mit vielen Pestizidrückständen“ essen, gibt es keine Datenbasis. Brotgetreide stammt in Deutschland, Österreich und der Schweiz größtenteils aus dem heimischen, oft regionalen Anbau. Im Rahmen der Farm to Fork Strategie wird der Einsatz von Pestiziden bereits reduziert. Für Brote aus Biogetreide gelten strenge Grundlagen. Es liegen der EFSA für 2021 von Deutschland, Österreich und der Schweiz keine Daten zu Pestiziden und Brot  für ihren Bericht vor. Foodwatch kann deshalb nicht behaupten in Mitteleuropa sei Brot pestizidbelastet. Im Gegenteil: Brot und Getreideprodukte sind sicher.

Zudem bleibt die Frage, was überhaupt eine "Belastung" ist. Sicher sind Rückstände in Lebensmitteln nicht gewünscht. Je feiner die Messinstrumente und -methoden, umso mehr wird man auch künftig nachweisen können. Um hier Sicherheit für Hersteller und Verbraucher zu schaffen, gibt es die Grenzwerte. Wenn in 2021 nur ein sehr geringer Anteil von Lebensmittelproben die Grenzwerte überschreitet, ist dies ein Grund für eine positive Meldung. Es sanken sogar 2021 die in den Lebensmittelproben gefundenen Restmengen an Pflanzenschutzmitteln sogar. Dazu die EFSA in ihrem Bericht:

Die MRL-Überschreitungsrate sank von 5,1 % im Jahr 2020 auf 3,9 % im Jahr 2021.

Pestizide auf Ackerflächen

Darüber hinaus behauptet Foodwatch: „Ungefähr 50 % von Europas Ackerland, insgesamt 52 Millionen Hektar, werden für den Anbau von Getreide wie Weizen und Mais genutzt. Jeder Hektar Getreide wird vier- bis sechsmal mit Pestiziden behandelt.“ Als Quelle für dieses Zitat gibt die Organisation ihren eigenen Bericht „The Dark Side of Grain: Unmasking Pesticide Use in Cereal Crops, October 2023“ an. Die Datenlage, die Foodwatch für seinen Bericht zur Ausbringung von Pestiziden auf Ackerflächen heranzieht, stammt für Deutschland aus den Jahren 2014 und 2018. Siehe dazu unseren Screenshot aus der von Foodwatch erstellten Publikation hier:

 

Die Daten aus Österreich (2012/2017) sind sogar noch älter, zeigen aber, dass es zwischen den einzelnen EU-Mitgliedstaaten erhebliche Unterschiede beim Einsatz von Pestiziden gibt. Bei neueren Daten zum Pestizideinsatz verweist Foodwatch auf die Seiten des Julius Kühn-Institut, welches jährlich (jüngste Erhebung 2021) für Deutschland die wirkstoffbezogenen Behandlungsflächen mit Pestiziden in Hektar abschätzt. Jedoch nur für Wintergerste, -raps und -weizen. Das Institut weist selbst auf Folgendes hin:

„Die in der Spalte „Schätzwert" aufgelisteten Werte sind das Ergebnis einer Hochrechnung für Deutschland auf der Basis der PAPA-Erhebungen. Aufgrund der geringen Stichprobengrößen sind diese Werte in vielen Fällen mit hohen Unsicherheiten behaftet.“

Mit Pestiziden belastet

Dazu hat das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit folgende Einteilung, was die Nachweise von Pestiziden betrifft.

Eine Probe gilt als frei von quantifizierbaren Rückständen, wenn die Analyten nicht in Konzentrationen an oder über der Quantifizierungsgrenze (LOQ) vorhanden waren. Der LOQ ist die kleinste Konzentration eines Analyten, die mit der zur Analyse der Probe verwendeten Analysemethode quantifiziert werden kann. Sie wird üblicherweise als die minimale Konzentration des Analyten in der Testprobe definiert, die mit akzeptabler Präzision und Genauigkeit bestimmt werden kann.

Wenn eine Probe quantifizierbare Rückstände enthält, aber innerhalb des gesetzlich zulässigen Grenzwerts (Rückstandshöchstgehalt, MRL), wird sie als Probe mit quantifizierten Rückstandsgehalten innerhalb der gesetzlichen Grenzwerte (unter oder am MRL) bezeichnet.

Eine Probe gilt als nicht konform mit dem gesetzlichen Grenzwert (MRL), wenn die gemessenen Rückstandskonzentrationen unter Berücksichtigung der Messunsicherheit die gesetzlichen Grenzwerte deutlich überschreiten. Es ist gängige Praxis, dass die Unsicherheit der analytischen Messung berücksichtigt wird, bevor rechtliche oder administrative Sanktionen gegen Lebensmittelunternehmer wegen Verstößen gegen die MRL-Gesetzgebung verhängt werden.

So wenig wie möglich. Ganz auf Pflanzenschutzmittel wird man leider nicht verzichten können, zu groß ist die Gefahr von lebensbedrohlichen Verunreinigungen durch Schädlinge, wie beispielsweise Pilze.

Zusammenfassung

Foodwatch behauptet nach wie vor folgende Aussage: "It includes an examination of sample testsconducted on cereals, flour, and bread across the EU, revealing that 37% of all samples contain residues from 65 different pesticides." Hier wird suggeriert, dass Proben mit Rückständen alle 65 Pestizide enthalten, was ebenfalls nicht stimmt.

Der Bericht von Foodwatch und die damit einhergehenden Veröffentlichungen sind irreführend und geschäftsschädigend. Die Daten, die Foodwatch aus den Daten der EFSA berechnet hat, sind für uns nicht nachvollziehbar. Die von Foodwatch auf unsere Anfragen angegebenen Quellen belegen die Aussagen ebenfalls nicht. Die Anzahl der gezogenen Proben ist nicht repräsentativ und erlaubt  keine Hochrechnung oder verallgemeinernde Aussagen auf Getreideprodukte.

Die Behauptung, jedes dritte Getreideprodukt in Supermärkten sei pestizidbelastet, ist falsch. Das hat Foodwatch bereits zugegeben. Dennoch hat Foodwatch seine Petition zu Supermärkten nicht zurückgezogen und behauptet weiterhin jedes dritte Getreideprodukt sei pestizidbelastet. Foodwatch schädigt damit die Branche der Getreideverarbeiter und des Bäckereigewerbes.

Zweite Anfrage von M+M bei Foodwatch

Wir haben erneut bei Foodwatch nachgefragt. Hier unsere Fragen an Lars Neumeister vom Abend des 11. Oktober 2023:
1. Ich verstehe nicht, weshalb Sie auf Seite 22 der Publikation alte Daten (2014 oder 2017) zum Pestizideinsatz im Anbau genommen haben. Bitte nennen Sie die Gründe.

2. Wie kommen Sie zu der Aussage ein Drittel der Produkte aus Getreide sei mit Pestiziden belastet? Selbst wenn größere Mengen in einzelnen Getreideproben festgestellt wurden, ergibt sich daraus nicht ein solcher Rückschluss auf Getreideprodukte. Haben Sie die einzelnen Getreideprodukte statistisch belastbar für die EU gesamt sowie für Deutschland, Österreich und der Schweiz untersucht? Oder solche Untersuchungen herangezogen? Nennen Sie mir bitte die Quelle.

3. Im Bericht steht folgender Satz: It includes an examination of sample tests conducted on cereals, flour, and bread across the EU, revealing that 37% of all samples contain residues from 65 different pesticides. Bitte erläutern Sie mir die Bedeutung. Heißt dies, dass alle der 37 % Rückstände von 65 Pestiziden enthalten? Oder enthalten einige der 37 % nur Rückstände einiger der insgesamt 65 Pestizide? Bitte geben Sie mir den konkreten Hinweis woher Sie diese Aussage haben.

Die Antwort von Foodwatch vom 12.10.2023

Guten Morgen Frau Kemper,

danke für die Rückfragen.

Zu Frage 1: Die Datenlage zum Pestizideinsatz in einzelnen Fruchtarten ist auf Ebene der MS sehr schlecht. Deutschland ist da eine positive Ausnahme. In DE haben wir die Daten des JKI uvm. Auf Ebene der MS werden nur alle 4-5 Jahre Daten pro Fruchtart erhoben und wichtige Daten werden nicht veröffentlicht (welche Pestizide, in welchen Mengen eingesetzt werden).
Die Abbildung auf Seite 22 stellt alle Erhebungen (nach VO 1185/2009) in Getreide dar. Der große Abstand zwischen den Erhebungen ist sehr ungünstig für eine Bewertung, aber die Datenlage (EU) ist nunmal nicht besser. Wenn man jeweils nur das letzte Erhebungsjahr darstellen würde, wäre das irreführend: das kann ein verregnetes Jahr sein (2014 in DE)  oder eine Dürrejahr (2018). Deswegen ist es immer besser mehrere Jahre zu betrachten. Leider schließt das ältere Daten dann ein.

Wie Sie aber an der Grafik 6 auf Seite 25 sehen können, hat sich die Behandlungsintensität in DE seit 2011 nicht stark verändert - es gab wetterbedingte Schwankungen, aber keine Trend nach unten/oben. Ich gehe davon aus, dass das in der gesamten EU ähnlich ist: auch die DK und FR Daten zum Behandlungsindex zeigen keinen Trend nach oben/unten.

Zur 2. und 3. Frage:

Die EFSA Daten von allen MS und Norwegen wurden ausgewertet. Nur Ungarn wurde ausgeschlossen, weil ich einen großen Fehler in deren Nachweisliste entdeckt habe und die EFSA den Datensatz nicht korrigiert hat. Die Schweiz partizipiert nicht an den EFSA Berichten/Programmen. Meines Wissen gibt es nicht mal Daten auf nationaler Ebene in der Schweiz sondern nur auf Kantonsebene, aber vielleicht hat sich das inzwischen geändert.

Die Grafik 10 im Bericht zeigt die prozentuale Belastung der einzelnen Produkte/Produktgruppen (das sind einige über 37% andere darunter - die 37% ist über die Gruppen hinweg). Das sind nur konventionelle Proben. Wir haben Produkte mit wenigen Proben aus statistischen Gründen ausgeschlossen, damit einzelne Ausreißer nicht das Ergebnis zu stark beeinflussen: "Foods with a sampling number lower or equal to twenty-five, as well as grains without a clear identification of the species, (e.g. grouped commodities such as “Barley and similar”, “Wheat and similar”) as well samples from organic production were excluded.”

Sonst haben wir ALLE Daten der EFSA herangezogen - eine bessere Datenquelle ist nicht öffentlich verfügbar.

Die 65 Pestizide ist die Gesamtanzahl aus allen Nachweisen in den bewerteten Proben - die verteilen sich natürlich unterschiedlich. Der Anhang, den ich mit der letzen mail geschickt habe, zeigt die Einzeldaten.

Die Rückstandslage in Getreide ist nicht der Grund für die foodwatch Petition/Kampagne. foodwatch arbeitet schon immer an Themen, die die Art und Weise der Lebensmittelproduktion (u.a. Tiergesundheit, BSE, Glyphosatverwendung uvw.) kritisiert/diskutiert. Es geht foodwatch nicht nur um Verbraucherschutz im engsten Sinne. Sehr viele VerbraucherInnen ist die Produktionsweise sehr wichtig, das spiegelt sich auch in der Arbeit foodwatch wider.

Der neue foodwatch Bericht ist eine Fortsetzung/Schlußfolgerung aus dem Bericht “Locked-in pesticides” - der sehr ausführlich Maßnahmen beschreibt, wie man eine Pestizidreduktion gestalten kann. Mit pestizidfreiem Getreide könnten ca. 50% aller EU-Pestizide eingespart werden und die Artenvielfalt auf einer sehr großen Flächen könnte sich regenerieren (und das Grundwasser “geschont” werden). Dabei sollen Pestizide nicht einfach weggelassen werden, sondern ein echtes IPM umgesetzt werden, dass vorbeugenden Maßnahmen, der Etablierung ökologischer Infrastruktur usw. den Vorrang gibt. Es gibt pestizidfreies, konv. Getreide bereits: MIGROS; Maurer Korn, Kraichgau Korn….das ist agronomisch eher einfach (siehe auch IP Suisse wo seit Jahrzehnten ohne Insektizide, PGR und Fungizide gearbeitet wird).

Vielleicht könnten Sie dieses Thema aufgreifen? Ich persönlich finde einen perspektivischen Ansatz interessanter.

Wie sieht denn die Getreidebranche die Zukunft mit all den Krisen (die eher zunehmen werden) und politischen Anforderungen? Ein "Weiterso" wird es nicht geben (können). Wie wird denn pro-aktiv nach Lösungen gesucht? Wir bieten hier etwas zur Diskussion an: pestizidfreies Getreide.

Was würde sich daraus ergeben? Wir sehen hier große Chancen.

Mit freundlichen Grüßen

Lars Neumeister

Das Ergebnis der deutschen Getreideproben

Foodwatch nennt keine Quelle für die Behauptung zur Belastung von jedem dritten Getreideprodukt. Bei der schwachen Datenlage zu Rückständen in Getreideproben, die dann öfter noch nicht einmal aus deutschem oder österreichischem Anbau stammen, von dem die Branche der Bäcker und Getreideverarbeiter ihr Getreide größtenteils bezieht, von einer Pestizid-Belastung in Getreide zu sprechen und zu behaupten, jedes dritte Getreideprodukt sei pestizidbelastet, ist geschäftsschädigend. Aus der Schweiz hatte Foodwatch zudem keine Daten zur Verfügung.

"Wir fordern deshalb Foodwatch auf, diese Aussage öffentlich richtig zu stellen und sich bei Getreideverarbeitern und Verbrauchern zu entschuldigen", so Rainer Miserre, Geschäftsführer Verlag Moritz Schäfer.

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