Urgetreide oder gezüchtete Sorte
Was ist Rotkornweizen?
Urgetreide oder gezüchtete Sorte
Was ist Rotkornweizen?
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Urgetreide oder gezüchtete Sorte
Was ist Rotkornweizen?
Rotkornweizen wird manchmal als Urgetreide bezeichnet. Aber diese Sorte hat mit alten Sorten nichts zu tun, ist aber als Brotgetreide für einige Regionen eine wichtige Anbausorte. Die Brote haben ein angenehm kräftiges Aroma.
Rotkornweizen bezeichnet Weizen mit rotbraun gefärbter Kornschale. Gemeint ist in der Regel Brotweizen, botanisch Triticum aestivum, dessen Samenschale einen rötlichen Farbton zeigt. Die Färbung sitzt überwiegend in Testa und Perikarp, also in den äußeren Schalenschichten rund um Aleuron und Endosperm. Verantwortlich sind phenolische Verbindungen wie Proanthocyanidine und andere Tannine. Das unterscheidet Rotkornweizen von violett oder blau gefärbten Spezialweizen, bei denen Anthocyane in Perikarp oder Aleuron eingelagert sind. Im Netz wird Rotkornweizen gerne als „Urgetreide“ etikettiert, weil er im Vergleich zu Weißkorn eine längere Nutzungsgeschichte hat und durch seine Farbe „ursprünglich“ wirkt. Fachlich korrekt ist es aber nicht. Rotkornweizen ist gewöhnlicher Brotweizen, rot gefärbt, und damit genauso Ergebnis moderner Züchtung wie jeder andere Weizen.
Rote Farbe genetisch
Die Rotfärbung ist ein genetisches Merkmal. Mehrere dominante Genorte steuern sie. Rotkornweizen zeigt häufig eine stärkere Samenruhe als weißkörniger Weizen. Diese physiologische Dormanz senkt das Risiko des Auswuchses auf dem Halm bei feuchter Erntewitterung. Für Anbauregionen mit wechselhaften Erntebedingungen gilt das als Vorteil.
Technologisch zählt in der Vermahlung die Auswirkung der Schalenfarbe auf Mehlfarbe, Geschmack und Sortierung. Bei hohen Ausmahlungsgraden fällt Rotkornweizen über den höheren Gehalt farbtragender Schalenbestandteile durch etwas dunklere Mehlfarbe auf. In Typenmehlen niedriger Asche verschwindet der Unterschied praktisch, weil die Schalenanteile über Sichten und Sichtdruck stark reduziert werden. In Vollkornmehlen und Schroten bleibt die rötliche Tönung sichtbar. Viele Bäcker beschreiben bei Rotkornvollkorn ein kräftigeres, leicht herberes Aroma und mehr Adstringenz an der Zunge.
In der Bäckerei ist die Farbe allein kein Qualitätsmerkmal für Kleber. Entscheidend sind Proteinmenge, Kleberqualität, Fallzahl, Sedimentationswert und Wasseraufnahme. In der Praxis korreliert Rotkorn in manchen Getreidemärkten mit Klassen die traditionell hohe Proteinqualitäten liefern. Diese Zuordnung ist handelsbedingt. Sie ergibt sich nicht zwingend aus der Schalenfarbe. Ein Rotkornweizen kann weiche, keksgeeignete Qualitäten aufweisen, wenn Zuchtziel und Anbau darauf ausgerichtet sind.
Verwendung
Für die Getreidemühlen hat Rotkornweizen folgende praktische Implikationen. Wer enge Farbspezifikationen in hellen Mehltypen bedienen muss, achtet auf strenge Schalenabreicherung und gegebenenfalls auf Mischungen mit anderen Sorten. Bei Vollkornprodukten beeinflusst Rotkorn die Produktfarbe und das Marketing kann den rustikaleren Eindruck nutzen. In der Landwirtschaft sprechen für Rotkornweizen neben der Dormanz oft robuste Bestandesführung und breite Sortenwahl. Dagegen steht in Märkten mit Vorliebe für sehr helle Nudel- und Bäckereimehle die Nachfrage nach Weißkornweizen.
Ernährungsphysiologisch liefert Rotkornweizen im Vollkorn mehr Polyphenole aus der Schale. Diese Stoffe tragen zur antioxidativen Kapazität bei und können in der Wahrnehmung Bitterkeit und Adstringenz verstärken. Der gesundheitliche Nutzen hängt jedoch stärker von Verzehrsmenge, Verarbeitung und Gesamternährung ab als allein von der Schalenfarbe. Abgrenzungen sind wichtig. Rotkornweizen ist kein Hartweizen. Hartweizen, Triticum durum, besitzt ein bernsteinfarbenes Endosperm und dient primär der Pasta. Rotkornweizen ist auch nicht gleichzusetzen mit alten Arten wie Einkorn oder Emmer. Diese unterscheiden sich genetisch und technologisch grundlegend. Ebenso wenig bedeutet Rotkorn automatisch Bio oder Regionalität. Kurz gesagt. Rotkornweizen ist gewöhnlicher Brotweizen mit rot gefärbter Samenschale. Die Farbe entsteht durch Tannine in den äußeren Kornschichten.

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