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Interview

Interview mit Liam Cassidy zur Zukunft mit selbstoptimierenden Mühlen

Veröffentlicht am: 
9
July
2025
Lesezeit:
0
Min
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9
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Interview mit Liam Cassidy zur Zukunft mit selbstoptimierenden Mühlen

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9
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9
July
2025
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Bild von: 
Sabine Kemper
Liam Cassidy bei seinem Vortrag vor Müllern aus aller Welt auf der IAOM 2025 in Oklahoma City.

Der Mühlensektor steht an einem entscheidenden Wendepunkt. Was einst wie Science-Fiction klang, wird in immer mehr Mühlen zur technischen Realität: vorausschauende Wartung, Echtzeitdatenanalyse und sich selbst anpassende Prozesse mit KI. Doch was bedeutet das für Mühlenbetriebe in Mitteleuropa?

Gastartikel von:
Logo Verlag Moritz Schäfer
Artikel von:

Mühle + Mischfutter hat mit Liam Cassidy gesprochen – einem erfahrenen Automatisierungsexperten, der unter anderem für die Bühler Group tätig war und heute bei Knobelsdorff in den USA für Innovationen verantwortlich ist. Bekannt für seine praxisnahen Erklärungen und seine Fähigkeit, Theorie und Anwendung zu verbinden, vermittelt Cassidy einen klaren, nüchternen Blick darauf, wo KI heute bereits echten Mehrwert liefert – und wo Mühlen jetzt einsteigen können, auch ohne große Investitionen. Im Gespräch teilt er praxisnahe Einblicke und erklärt, warum KI nicht dazu da ist, Müller zu ersetzen, sondern um mit ihnen gemeinsam zu arbeiten.

M+M: Können Sie konkrete Praxisbeispiele nennen, in denen Mühlen durch den Einsatz von Sensorik und KI-gestützter Auswertung ihre Ausbeute messbar steigern konnten?

Liam Cassidy: Ja – und die Ergebnisse sind eindeutig. In Getreidemühlen konnten wir reale Effizienzgewinne erzielen, indem wir Sensorik mit KI-gestützter Analyse kombiniert haben. Ein Beispiel: Die KI-basierte Überwachung von Ausbeute und Anlagenverfügbarkeit hilft dabei, feine Abweichungen in den Einstellungen oder in der Anlagenleistung frühzeitig zu erkennen – etwa bei verschlissenen Walzen oder verstopften Sieben – bevor es zu spürbaren Verlusten kommt. Indem Sensordaten in ein lernendes Modell eingespeist werden, werden Trends erkennbar, die dem Menschen entgehen würden. Auf diese Weise kann über längere Zeiträume ein optimales Effizienzniveau gehalten werden.

Ein Experte steht vor dem Rednerpult einer Müllermesse in den USA
LIam Cassidy ist Senior Executive Direktor Automation bei Knobelsdorff in Minnesota, USA (Foto: Sabine Kemper).

Es handelt sich um kleine Anpassungen, die zu erheblichen kumulativen Verbesserungen führen – und dafür ist keine vollständige Autonomie der KI erforderlich. Entscheidend ist, vorhandene Betriebsdaten gezielt zu nutzen, um Prozessschwankungen zu verringern, Verluste zu vermeiden und gleichmäßige Produktqualität zu sichern. Diese Systeme überwachen kontinuierlich relevante Kennzahlen (KPIs) wie klar interpretierbare Verfügbarkeitszeiten, Energieverbrauch und Ausbeutedaten. Dabei erkennen sie automatisch Unregelmäßigkeiten und geben entweder Handlungsempfehlungen oder führen direkt korrigierende Maßnahmen aus.

M+M: In welchem Umfang kann der Einsatz von KI konkret Stillstandszeiten verkürzen, die Energieeffizienz steigern oder die Anlagenauslastung und Produktqualität verbessern? Wo liegen aus Ihrer Sicht derzeit die größten Potenziale?

Liam Cassidy: Die KI erweist sich als leistungsfähiges Werkzeug, um ungeplante Stillstände durch proaktive Überwachung und vorausschauende Instandhaltung zu minimieren. Indem kontinuierlich Sensordaten von Motoren, Förderanlagen und kritischen Prozesskomponenten analysiert werden, kann die KI subtile Abweichungen oder Muster erkennen, die häufig Ausfällen vorausgehen – so kann das Instandhaltungsteam eingreifen, bevor Probleme eskalieren. Dieser Wechsel von reaktiver und präventiver zu prädiktiver Instandhaltung reduziert ungeplante Produktionsstopps deutlich, senkt Wartungskosten und sorgt für einen kontinuierlicheren Produktionsfluss.

Ein bislang unterschätztes, aber besonders vielversprechendes Anwendungsfeld ist die Produktionsplanung.

Die Produktionsplanung erfolgt in vielen Mühlen noch manuell oder auf Basis statischer Annahmen. KI kann hier durch Analyse von Nachfrage, Rohstoffverfügbarkeit, Schichtplänen und Transportlogistik dynamisch den effizientesten Produktionsablauf vorschlagen – besonders relevant für größere Standorte mit mehreren Produktionslinien. Das Ergebnis: höhere Gesamtanlageneffektivität, bessere Abstimmung zwischen Produktion und Logistik sowie geringere Leerlaufzeiten.

Auch in puncto Energieeffizienz und Qualitätsverbesserung lassen sich durch KI einige Fortschritte erzielen – z. B. durch Optimierung von Vermahlungseinstellungen. Derzeit erzielen Mühlen den schnellsten Return-on-Investment (ROI) durch Verbesserungen bei Verfügbarkeit und Auslastung. Wer diese Technologien einsetzt, kann messbare Erfolge bei Durchsatz, Ressourceneinsatz und Kosten pro Tonne erzielen.

M+M: Was bedeutet die Einführung von KI konkret im Mühlenbetrieb? Wie gelangen die Betriebsdaten in die KI-Anwendung – übernimmt dies ein externer Dienstleister? Und inwieweit hat der Mühlenbetrieb selbst Einfluss auf die Datenbasis und den Lernprozess des Algorithmus?

Liam Cassidy: Die Einführung von KI ist kein einfacher Schalter, den man umlegt – es handelt sich um einen mehrstufigen Prozess, der mit der Bereinigung und Strukturierung der vorhandenen Daten beginnt. Wie wir oft sagen: „KI behebt kein Chaos.“ Wenn die Anlagendaten unvollständig oder unzuverlässig sind, kann selbst der beste Algorithmus keine sinnvollen Ergebnisse liefern. Eine stabile, qualitativ hochwertige Datenbasis ist die Voraussetzung.

So wird KI in der Praxis umgesetzt:

1. Datenerfassung: Zuerst erfolgt die Anbindung bestehender Systeme – wie SPS, Sensoren und SCADA. Diese Systeme erzeugen Echtzeit-Betriebsdaten, die die Grundlage für KI-gestützte Analysen bilden.

2. KI-Anwendung: Der Datenstrom wird in die KI-Schicht eingespeist – z. B. in unsere Plattform TerraKE. Je nach Kundenwunsch kann diese lokal (on-premises) oder sicher in der Cloud betrieben werden, stets in Übereinstimmung mit den IT-Richtlinien des Unternehmens.

3. Lernen & Handeln: Anfänglich arbeiten die KI-Modelle mit einfachen Regelwerken zur Erkennung von Abweichungen. Mit der Zeit lernen sie durch Mustererkennung aus historischen Daten und geben prädiktive sowie präskriptive Handlungsempfehlungen.

Wichtig: Die Kontrolle bleibt beim Mühlenbetrieb. Automatisierungspartner unterstützen bei der Einrichtung und Konfiguration, aber der Betrieb entscheidet welche Daten verwendet werden (mit Empfehlungen), wie die Modelle trainiert werden (abhängig von Zielgrößen) und ob die KI lediglich beobachtend, beratend oder autonom arbeitet. Wir legen dabei großen Wert auf Transparenz, damit KI keine Blackbox ist, sondern ein verständliches Werkzeug zur Prozessoptimierung.

M+M: Müssen Mitarbeiter in der Mühle für den Umgang mit KI geschult werden, oder lässt sich das Potenzial dieser Werkzeuge auch ohne umfassende IT-Kenntnisse schnell und intuitiv nutzen, wenn der Nutzwert klar ist?

Liam Cassidy: KI-Tools – insbesondere Sprachmodelle sogenannte „Large Language Models“ (LLM) wie ChatGPT – sind tatsächlich intuitiv und überraschend zugänglich. Um sie im industriellen Umfeld sinnvoll zu nutzen, braucht es jedoch mehr. Der Schlüssel ist das „Prompt Literacy“ – also die Fähigkeit die KI präzise und zielgerichtet zu befragen.

Ein gezieltes Training kann helfen. Bereits 3–4 Stunden Schulung können ausreichen, damit Mitarbeiter:

• sicher mit der KI interagieren und schneller relevante Antworten erhalten,

• lernen, wie sie Betriebsdokumente (z. B. SOPs, Wartungsprotokolle, Prüfanleitungen) in ein durchsuchbares internes Wissenssystem überführen,

• Informationen bereichsübergreifend verknüpfen und ein KI-gestütztes betriebliches Netzwerk aufbauen.

Auch Teammitglieder ohne technischen Hintergrund können die Anwendung in kurzer erlernen. Der ROI ist deutlich: weniger Fehler, schnellere Problemlösungen, bessere Datennutzung. Sobald die Mühle ein lokal betriebenes, betriebsspezifisches Sprachmodell hat, kann KI ohne Cloud-Anbindung sicher eingesetzt werden. Der Vorteil: Diese Systeme lassen sich vollständig in die bestehende Automatisierungs- und IIoT-Architektur integrieren – und heben die Anlage auf ein neues Niveau. Entscheidend ist dabei die Datensouveränität: Lokale Instanzen bewahren die Datenhoheit und kombinieren sie mit den Vorteilen intelligenter Analyse.

M+M: Kann eine Mühle klein starten, indem Mitarbeiter ChatGPT nutzen für E-Mails oder die Koordinierung des Transports? Wäre dies ein guter Einstieg, auf dem man aufbauen könnte?

Liam Cassidy: Unbedingt! ChatGPT oder ähnliche LLMs sind ein hervorragender, niederschwelliger Einstieg. Einige Mühlen nutzen solche Tools bereits für: Kunden-E-Mails, die Koordination von LKW-Zeitplänen, Checklisten für Inspektionen, das schnelle Durchsuchen von SOPs und Qualitätsberichte auf Basis von Rohdaten. So entsteht im Team eine erste Vertrautheit mit KI und der kulturelle Grundstein ist gelegt. Von dort aus lässt sich gezielt in betriebliche Anwendungen übergehen.

Der Schlüssel: klein anfangen, ein reales Problem lösen, messbare Ergebnisse erzielen – und darauf aufbauen.

M+M: Wenn eine Mühle ihre Betriebsdaten in ein KI-System einspeist – verlassen diese dann den geschützten Unternehmensbereich? Oder gibt es die Möglichkeit, eine lokale, datensichere KI-Lösung im eigenen Betrieb zu betreiben?

Liam Cassidy: Es gibt sowohl sehr sichere Cloud-Optionen als auch vollständig lokal installierbare Lösungen. Viele größere Mühlen wählen einen hybriden Ansatz: Sensible Daten (z. B. Rezepturen, Ausbeuten) verbleiben im Betrieb und aggregierte oder anonymisierte Leistungsdaten können optional extern analysiert werden. Die Datenhoheit liegt dabei immer beim Unternehmen selbst und sollte durch die eigene IT verantwortet werden. Wir unterstützen volle Transparenz und Rückverfolgbarkeit im Umgang mit sensiblen Daten.

M+M: Steuern wir auf die Vision einer selbstoptimierenden Mühle zu?

Liam Cassidy: Ja – und wir müssen diesen Wandel aktiv mitgestalten. Die selbstoptimierende Mühle ist näher als je zuvor. Aber es geht nicht darum, Menschen zu ersetzen – sondern sie aufzuwerten. Der Weg dorthin:

1. Datengrundlage schaffen: IIoT-Sensoren, SPS, SCADA, Labor- und MES-Systeme zusammenführen und strukturieren. Ohne Ordnung keine KI.

2. Live-Überwachung mit KI: Modelle erkennen in Echtzeit Abweichungen, Engpässe oder Anomalien – bevor sie zum Problem werden.

3. Sprachmodell als Wissensplattform: Ein betriebsspezifisches LLM wird mit SOPs, Wartungsprotokollen, Alarmlisten und Best Practices trainiert. Daraus entsteht ein „Betriebsgehirn“, das dem Team und den Systemen 24/7 sofortige Hilfe bietet.

4. Automatisierte Optimierung: Das LLM wird mit der Automatisierung und IIoT verbunden – so lassen sich z. B. Reinigung, Produktionsplanung, Energieeinsatz dynamisch anpassen.

5. Mensch-KI-Kooperation: Die Rolle der Mitarbeiter verlagert sich vom reaktiven Eingreifen zur strategischen Steuerung. KI übernimmt das „Datengeschäft“, der Mensch fokussiert sich auf Innovation und Verbesserung.

Wir nennen das die „Cognitive Mill“ – eine Anlage, die täglich dazulernt.

Die „Cognitive Mill“ ist keine ferne Vision, sondern wird bereits von innovativen Betrieben umgesetzt. Die Resultate sind: Weniger Stillstand, höhere Effizienz, bessere Qualität – und ein Team, das auf Wissen statt Alarmen basiert.

M+M: Mit welchen Investitionen muss ein Mühlenbetrieb rechnen, um erste Schritte in Richtung KI-gestützter Prozessoptimierung zu gehen?

Liam Cassidy: Ich würde die Frage nicht in Euro beantworten – sondern sagen: Bauen Sie Ihr eigenes ROI-Modell. Starten Sie mit einem klar definierten Problem – z. B. häufige Stillstände, ungenaue LKW-Planung oder unvorhergesehene Wartungsarbeiten. Dann:

• Fangen Sie klein an. Ein Pilotprojekt mit unter 25.000 bis 30.000 Euro kann bereits einen echten Mehrwert liefern.

• Lösen Sie ein reales Problem – z. B. durch schnellere Reaktionszeiten oder frühzeitige Fehlererkennung.

• Messen Sie den Effekt – ob durch Zeiteinsparung, gesteigerte Ausbeute oder erhöhten Durchsatz.

• Quantifizieren Sie den Gewinn – oft stellt sich der ROI schon nach wenigen Wochen oder Monaten ein.

Wenn der Nutzen sichtbar wird (und das wird er), verlagert sich die Diskussion von „Wie viel kostet das?“ zu „Wie schnell können wir skalieren?“ Wir haben erlebt, dass Kunden mit einem gezielten Anwendungsfall gestartet sind, beispielsweise mit der vorausschauenden Wartung oder der Logistik. War das erfolgreich, haben sie die Anwendung rasch auf ihre anderen Standorte übertragen. So wird KI vom Pilotprojekt zum strategischen Vorteil.

Lesen Sie hier den Report zur KI in Mühlen und dem Vortrag von Liam Cassidy auf der IAOM 2025 in Oklahoma City.

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Knobelsdorff ist ein us-amerikanischer Industrie-Elektro-Dienstleister, der hochwertige Leistungen in den Bereichen Automatisierung und Steuerungstechnik, Elektrotechnik, Engineering, erneuerbare Energien und Energiedienstleistungen in Minnesota anbietet. Die Automatisierungsabteilung ist spezialisiert auf die Integration von Prozessleitsystemen, MES (Manufacturing Execution Systems), IoT (Internet of Things), ERP-Anbindungen sowie den Schaltschrankbau nach UL 508A/689A. Der Fokus liegt dabei auf den Branchen der verarbeitenden Industrie, insbesondere Getreide, Futtermittel, Mehl und Lebensmittelverarbeitung.

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