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170 Jahre C.F. Rolle Mühle

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Mit dem ersten Schneefall beginnt in der Rolle Mühle die Weihnachtszeit und die Stollenprüfung.
2025
12/10/2025
170 Jahre C.F. Rolle Mühle

In den Fenstern der Häuser der Gemeinde Grünhainichen leuchten die typischen hölzernen Schwibbögen, die einst den Bergleuten den Heimweg wiesen. Hier im deutschen „Weihnachtsland“, wie sich die Region selbstbewusst nennt, steht die Rolle Mühle am Fluss Zschopau. In dem historischen Mühlengebäude von 1924 findet die Stollenprüfung des „Erzgebirgischen Stollenverbands“ statt.

Die Gebäude der Rolle Mühle neben der Zschopau im Zschopenthal in Grünhainichen (Foto: Patrick Buhl).

Es riecht nach frischem Mehl, Hefe und Gewürzen. Die Stollen mit ihrer weißen pudrigen Hülle gehören im Erzgebirge zur Adventszeit und sollen an das eingewickelte Jesuskind erinnern. Seit 2010 bündelt der Verband die Kunst der Stollenbäcker. Die Initiative dazu kam von der Familie Rolle, die das Stollenmehl an die Handwerksbäcker der Region lieferte und in der Vermarktung der Stollen weiteres Potential sah. Mitglieder des Verbandes, die die Vorgaben für Rosinen- und Mandelstollen einhalten und die Stollenprüfung bestehen, dürfen ihren Laib nun „Original Erzgebirgischer Weihnachtsstollen“ nennen. Ähnlich streng handhaben die Dresdner Bäcker ihre Marke „Original Dresdner Christstollen“, der nur in Dresden gebacken werden darf.

Bei der Stollenprüfung (v.l.n.r.): Stollenprüfer André Bernatzky mit den Mitarbeitern der Rolle Mühle Liane Ihle, Anne Rolle-Baldauf, Frank Rolle und Ralph Schweigert (Foto: Sabine Kemper).

Mehr Mehl und Mandeln

Für die Stollenprüfung verwandelt sich der Seminarraum der Rolle Mühle in ein Prüflabor. Die Stollen werden in den Bäckereien eingekauft, registriert und anonymisiert. Die Laibe erhalten eine neutrale Hülle mit Nummer. Als Prüfer reist André Bernatzky an, Leiter der Bäckerfachschule Dresden und erfahrener Stollenkenner. Er bewertet Rosinenstollen und Mandelstollen nacheinander und prüft Form, Oberfläche, Krume, Anschnitt, Geruch und Geschmack.

Links ist ein gut gebackener Stollen zu sehen, rechts hat der Stollen eine zu dunkle und breite Kruste. Jeder Stollenbäcker erfährt, wo seine Prozesse noch verbessert werden könnten (Foto: Sabine Kemper).

Wie locker liegen die Rosinen verteilt, wie saftig bleibt der Teig und wie harmonisch wirken Butter, Zucker, Mandeln, Zitronat und Orangeat zusammen. Und nicht zuletzt: Wie gut lässt sich der Stollen schneiden, ohne in Krümel zu zerfallen. „Es ist fast wie bei einer Blindverkostung von Wein, nur satter“, so Anne Rolle-Baldauf, die mit ihrem Bruder Frank Rolle in der sechsten Generation die Mühle leitet. Die besten Erzeugnisse erhalten Urkunden in Bronze, Silber oder Gold und viele Bäcker hängen diese Auszeichnungen gut sichtbar in ihre Ladenlokale.

Konditormeisterin Stefanie Rauch freut sich über „Gold“ für ihre Bäckerei Nestler in Zschopau. Sie backt die Stollen in Handarbeit nach Familienrezept (Foto: Sabine Kemper).

André Bernatzky versteht die Prüfung nicht als Konkurrenzschau, sondern als handwerkliche Standortbestimmung:

„Ich komme jedes Jahr gerne ins Erzgebirge, die Stollen hier sind in der Regel zu empfehlen und schmecken mir persönlich sehr“.
Der Stollen ist für Prüfer André Bernatzky ein Stück Erzgebirge und ein Stück deutscher Weihnachtstradition (Foto: Sabine Kemper).
Jede Backstube hat einen Mandel- und einen Rosinenstollen im Rennen um Gold, Silber und Bronze (Foto: Sabine Kemper).

Von Hand gebacken und mit langen Ruhezeiten ist der Erzgebirgsstollen ein Gebäck mit Bodenhaftung, genau wie die Menschen hier.

„Die Vorstellung, was ein guter Stollen ist, variiert regional“, erklärt Anne Rolle-Baldauf, „beim erzgebirgischen Stollen ist ein bisschen mehr Mehl dran – was uns als Müller natürlich freut“.

Zudem gebe es keine Gewichtsbegrenzung nach unten, anders als in Dresden, wo erst ab 500 Gramm das goldene Siegel verliehen wird. In der kommenden Woche steht für Anne Rolle-Baldauf und Frank Rolle ein Termin in der Sächsischen Staatskanzlei an. Zum Adventssingen wird der Ministerpräsident persönlich mit dem Stollenmesser den Erzgebirgsstollen anschneiden. Frank Rolle sieht im Zusammenschluss der Stollenbäcker einen großen Vorteil:

„Wir werden als Verband wahrgenommen. Sonst kämpft jeder für sich allein.“
Anne Rolle-Baldauf mit dem Stollenmesser. Die Klinge muss leicht durch den Teig gleiten. Die Oberfläche, die Krumenausbildung und das Schnittbild sind entscheidend bei der Stollenprüfung. Und vor allem muss der Stollen in der Mitte angeschnitten werden (Foto: Sabine Kemper).

Deutsch-deutsche Mühlengeschichte

Die Rolle Mühle steht auf historischem Grund. Bereits 1563 wurde sie in den Steuerlisten erwähnt. Ihre Geschichte als Unternehmen der Familie Rolle beginnt 1856, als der Bäckermeister Carl Friedrich Rolle das Anwesen erwirbt. Sein Porträt hängt noch heute im Büro und nach ihm trägt die C. F. Rolle GmbH ihren Namen. Im 20. Jahrhundert geriet das Privatunternehmen unter Druck, konnte aber der großen Enteignungswelle im Jahr 1960 entgehen. Dennoch verstaatlichte die SED im Jahr 1972 die private Mühle zum volkseigenen Betrieb der DDR. Hans Rolle wurde Betriebsleiter und hielt die Technik weitgehend in Schuss.

„Das war unser Glück“, sagt Frank Rolle heute. „Oft setzte die Partei irgendwelche fachfremden Funktionäre ein, die den Betrieb herunterwirtschafteten. Großvater blieb und hielt die Substanz zusammen.“
Frank Rolle im Lager seiner Mühle. Kurz vor Weihnachten ist viel zu tun und zu versenden (Foto: Patrick Buhl).

Unter der Mängelwirtschaft organisierte Hans Rolle mit Einfallsreichtum Ersatzteile und Fahrzeuge. Das war nicht immer ungefährlich, auch weil die Familie gläubig und politisch unabhängig blieb. Nach der Wende konnte er schon zum 1. Mai 1990 die Mühle zurückkaufen. Später erhielt er endlich Einsicht in seine umfangreiche Stasiakte.

Neue Wege mit Bio

Mit der Wende brachen Absatzwege weg und Kunden stellten ihr Einkaufsverhalten um. Thomas Rolle, ausgebildeter Lebensmitteltechnologe, übernahm die Geschäftsführung und suchte neue Geschäftskonzepte. Die Antwort hieß Bio. Im Jahr 1993 vermahlte die Rolle Mühle die ersten Biopartien aus sächsischem Anbau und begann ein ergänzendes Biosortiment aufzubauen.

„Damals wussten Kunden nicht genau, was Bio ist“, erinnert sich Anne Rolle-Baldauf. „Wir mussten Pionierarbeit leisten, sind zu den Bäckern gegangen, haben Verkäuferinnen geschult, Poster gedruckt, ein Rundum-sorglos-Paket geschnürt.“
Kurz vor Weihnachten war es eine Herausforderung den Mühlenladen von Familie Rolle leer zu fotografieren. Viele Kunden kauften Stollenmehl oder andere Köstlichkeiten (Foto: Sabine Kemper).

Heute bezeichnet sich die Geschäftsführerin als Spezialistin für Spezialprodukte. Ein Beispiel dafür ist der Gelbweizen, der auf ihre Initiative hin in der Region angebaut wird. Rund 100 t dieser alten Getreidesorte werden jährlich geerntet und in der Mühle vermahlen. Abnehmer sind Bäcker und Kleinverbraucher. Der hohe Carotinoidgehalt des intensiv gelb gefärbten Mehles sorgt für einen nussigen Geschmack.

Zukunftsfähig mit Wasserkraft

Heute liegt der Bioanteil der Mühle bei deutlich über 60 %  der Gesamtproduktion. Mit rund zwei Dutzend Beschäftigten und einer Vermahlungsleistung der Mühle von 50 t/Tag fertigt die Familie heute eine breite Palette von Produkten in sowohl konventioneller als auch Bioqualität: Mehr als die Hälfte der Erzeugnisse ist nach Bioland-, Gäa-, Naturland- oder Demeter-Standards zertifiziert.

Typisch für das historische Gesicht des Gebäudes ist sein Farbkonzept, welches gute Laune machen soll. Die neuen Maschinen erhielten eine farbige Verkleidung und verbinden so Tradition mit moderner Verfahrenstechnik (Foto: Sabine Kemper).

Die Qualität der Rohstoffe wird täglich im hauseigenen Labor kontrolliert. Ihre Zukunftsfähigkeit beweist die Mühle auch mit der im Jahr 2020 modernisierten Vermahlung. Die Walzenstühle der Firma Kastenmüller aus Martinsried mit variabler Antriebstechnik Vario-S und neue Plansichter erhöhen die Kapazität um 10 t pro Tag. Dank der hinterlegten Programme und Rezepte ist bei mindestens zwei Produktwechseln pro Tag eine schnellere Umstellung der Walzenstühle möglich (siehe auch M+M Ausgabe 10/2022).

Plansichter eingebaut von der Firma Kastenmüller aus Martinsried (Foto: Sabine Kemper).
Rohre der Firma Sallhofer und individuelles Klappenmanagement mit Typenzahl (Foto: Sabine Kemper).

Die modernen Maschinen sind an das Farbkonzept der Mühle angepasst, das auf Handzeichnungen von Großvater Hans Rolle basiert. Die Farbgebung soll dazu beitragen, dass sich die Mühlenmitarbeiter wohlfühlen: freundlich, hell, farbenfroh.  

Das mühleneigene Wasserkraftwerk an der Zschopau mit seinen zwei Turbinen mit einer Gesamtleistung von 220 kW deckt weiterhin den Energieverbrauch des Betriebs. Auch hier hat Großvater Hans Rolle für die nächsten Generationen mitgedacht, u.a. 1992 mit dem Einbau einer neuen Kaplan Turbine mit einer Leistung von 170 kW und im Jahr 2011 mit dem Bau einer Fischaufstiegstreppe. Das Wasserkraftwerk spart jedes Jahr mehrere tausend Tonnen CO2 ein.  Die Mühle mit ihrer regenerativen Energieversorgung steht für Beständigkeit, ebenso wie die Rezepte der Stollen, die von Generation zu Generation wandern und Kriege, politische Systeme und wirtschaftliche Krisen überstehen.

Die Rolle Mühle deckt ihren Energieverbrauch aus dem Wasser der Zschopau. Das eigene Wasserkraftwerk wird von einer Kaplan S-Rohrturbine mit 170 kW Leistung betrieben (Foto: Sabine Kemper).

Draußen ist es dunkel geworden und fallende Schneeflocken glitzern im Licht der Hoflampen. Die Prüfung ist beendet, die Sieger stehen fest. Bald wird der Duft von frisch gebackenem Stollen durch die Wohnzimmer von Annaberg bis Zwickau ziehen. Ein Teil des Weihnachtszaubers im Erzgebirge nimmt seinen Anfang hier, bei der Familie Rolle, die seit 170 Jahren dafür sorgt, dass dem Weihnachtsland das Mehl nicht ausgeht.

170 Jahre C.F. Rolle Mühle
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Daniel Laubscher wird neuer CEO der SWISCA AG

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Daniel Laubscher folgt auf Heinz Brand und übernimmt die strategische Führung der SWISCA AG.
2025
12/4/2025
Daniel Laubscher wird neuer CEO der SWISCA AG

Daniel Laubscher bringt fast 20 Jahre Führungserfahrung in der Maschinenbaubranche mit. Der in den USA geborene Schweizer war zuletzt Chief Technical Officer eines weltweit führenden Industrieunternehmens in Liechtenstein. Von 2007 bis 2016 leitete er die Forschung und Entwicklung eines international tätigen Schweizer Technologiekonzerns. Mit seiner ausgewiesenen Erfahrung in der Mühlenindustrie und einem Executive MBA verfügt Laubscher über die nötige Expertise, um SWISCA in die nächste Wachstumsphase zu führen.

"Ich freue mich sehr darauf, die Verantwortung für SWISCA zu übernehmen und zusammen mit einem erfahrenen Team die Zukunft der Mühlentechnologie aktiv mitzugestalten", sagt Laubscher.
Daniel Laubscher wird per 1. Januar 2026 neuer CEO und folgt auf Heinz Brand (Foto: Swisca).

Der bisherige CEO Heinz Brand wechselt an die Spitze des Verwaltungsrats. Die Mitglieder Dr. Peter-Paul Stengel, Peter Heinrich Steindl und Philippe Robert Kummli führen ihre Ämter fort.

SWISCA hat sich seit der Gründung 2018 als Technologieführer in der Mühlentechnologie etabliert. Das Unternehmen konzipiert und realisiert als umfassender Lösungsanbieter für die Mühlenindustrie das gesamte Leistungsspektrum – von einzelnen Maschinen und Komponenten wie Verwiegesystemen, Walzenstühlen und Plansichtern bis hin zu kompletten Mühlen. Die energieeffizienten und lebensmittelsicheren Anlagen werden an führende Lebensmittelhersteller in über 50 Länder exportiert und wurden mehrfach international ausgezeichnet.

"Der Slogan 'Next Generation' ist für uns mehr als ein Versprechen", sagt Heinz Brand. "Wir entwickeln Mühlentechnologie von und für die nächsten Generationen. Mit der neuen Führungsstruktur und dem geplanten neuen Hauptsitz in Herisau schaffen wir die Basis für weiteres Wachstum."

So kann SWISCA seine Position als Premium-Anbieter für nachhaltige Mühlentechnologie weiter ausbauen.

Daniel Laubscher wird neuer CEO der SWISCA AG
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Bühler ernennt zwei neue Fellows

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Gemeinsam werden die beiden Fellows die Innovationsagenda von Bühler weiter vorantreiben.
2025
12/2/2025
Bühler ernennt zwei neue Fellows
«Béatrice Conde-Petit und Markus Hofer haben jeweils aussergewöhnliche Beiträge für Bühler geleistet», sagte Stefan Scheiber, CEO der Bühler Group. «Ihre Arbeit hat technologische Fortschritte vorangetrieben, Strategien für unsere Kerngeschäfte geprägt und unsere Nachhaltigkeitsziele vorangebracht. Als Bühler Fellows werden sie weiterhin die Vordenkerrolle, Talentförderung und Beratung übernehmen, die ihre Karrieren ausgezeichnet haben.»
Markus Hofer, Verfahrenstechniker, ist seit mehr als 30 Jahren bei Bühler tätig und hat zu wichtigen technologischen und geschäftlichen Entwicklungen beigetragen, die die Position von Bühler in den Bereichen Lebensmittelverarbeitung, Beschichtung und Materiallösungen gestärkt haben (Foto: Bühler Group).

Gemeinsam werden die beiden Fellows als Mentoren, Berater und Botschafter für technische Exzellenz im gesamten Unternehmen fungieren und die Innovationsagenda von Bühler weiter vorantreiben. Ihre Arbeit stärkt auch das breitere Netzwerk von Bühler, indem sie Industriepartner, Hochschulen, Start-ups, NGOs und Kunden mit dem Prozess- und Technologie-Know-how von Bühler zusammenbringen, um nachhaltige Lösungen für eine wachsende Weltbevölkerung zu entwickeln.

«Das Bühler-Fellowship würdigt Personen, die technische Exzellenz und den Kooperations- und Teamgeist verkörpern, der Bühler vorantreibt», sagte Ian Roberts, CTO der Bühler Group. «Unsere Fellows stehen beispielhaft für das Engagement und die Mentorschaft, die unsere Innovationskultur ausmachen. Durch ihre kontinuierliche Beratung werden wir den Fortschritt in Richtung einer nachhaltigeren Zukunft beschleunigen und unseren Kunden helfen, ihr Geschäft auszubauen und gleichzeitig ihren ökologischen Fussabdruck zu verringern.»

Béatrice Conde-Petit, Lebensmittelwissenschaftlerin, Ingenieurin und Nachhaltigkeitsspezialistin, ist seit mehr als 15 Jahren bei Bühler tätig. Sie hat Initiativen geleitet, die die Lebensmittel- und Futtermittelverarbeitung vorangebracht und die Anlageneffizienz und Lebensmittelsicherheit verbessert haben. Conde-Petit hat Lebensmittelsicherheitsprogramme entwickelt und vorangetrieben und damit die Nachhaltigkeitsstrategie des Unternehmens mitgestaltet, indem sie einen Rahmen geschaffen hat, der Innovation mit messbaren Auswirkungen für die Kunden verbindet. Sie leitete die Integration von Nachhaltigkeit bei Bühler und leitete strategische Projekte, die Wissenschaft, Technologie und Wirtschaft verbinden, um Kunden und Partnern einen Mehrwert zu bieten. Sie engagiert sich für die Förderung von Talenten, betreut Nachwuchswissenschaftler und -ingenieure, unterstützt Frauen in MINT-Berufen und arbeitet mit Partnern aus Wissenschaft und Start-ups zusammen, um Innovation und ethische Führung entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu fördern. Conde-Petit wurde 2025 für ihre Beiträge zur Förderung der Unternehmensnachhaltigkeit und zur Förderung des Wandels mit dem Leading Women Award des World Business Council for Sustainable Development ausgezeichnet.

«Es ist eine Ehre, zum Bühler Fellow ernannt zu werden. Ich bin dankbar für diese Anerkennung und freue mich darauf, meine Erfahrung einzubringen, um Innovationen voranzutreiben. Ich möchte dazu beitragen, ein zukunftssicheres Lebensmittelsystem aufzubauen, das einen positiven Unterschied für die Gesellschaft und unsere Branche macht. Ich arbeite leidenschaftlich gerne eng mit Kunden und Partnern zusammen und möchte Talente fördern und begleiten, um diesen Beitrag zu erreichen», sagte Béatrice Conde-Petit.

Markus Hofer, Verfahrenstechniker, ist seit mehr als 30 Jahren bei Bühler tätig und für seine technische Kompetenz und strategische Führungsstärke in verschiedenen Geschäftsbereichen bekannt. Seine Erfahrung umfasst die Bereiche Forschung und Entwicklung, Produktmanagement und allgemeines Management sowohl im Lebensmittelbereich als auch im Bereich fortschrittlicher Werkstoffe, wo er zu wichtigen technologischen und geschäftlichen Entwicklungen beigetragen hat, die die Position von Bühler in den Bereichen Lebensmittelverarbeitung, Beschichtung und Werkstofflösungen gestärkt haben. Hofer hat an der Gestaltung von Technologie-Roadmaps, Geschäftsportfolios und strategischen Projekten mitgewirkt, die Bühler und seinen Kunden langfristigen Mehrwert bieten. So war er beispielsweise massgeblich an der Übernahme, Integration und Entwicklung von Leybold Optics beteiligt, das zu einer tragenden Säule des Geschäfts von Bühler geworden ist. Ebenso bekannt ist er für die Förderung junger Talente, die Betreuung von Ingenieuren und Innovationsteams und die Inspiration der nächsten Generation von Innovatoren bei Bühler durch Initiativen wie die Solar Energy Racers, ein After-Work-Programm für Auszubildende und junge Ingenieure, die solarbetriebene Autos für internationale Wettbewerbe entwerfen und bauen. Hofer ist Mitglied des Beirats der Empa, der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt, und des Vorstands von RhySearch, wo er sein Fachwissen in den Bereichen Optik, Präzisionsfertigung und digitale Technologien einbringt. Darüber hinaus ist er langjähriger Juror und Mentor beim Start-up-Wettbewerb «Venture» der ETH Zürich und McKinsey.

«Ich schätze diese Anerkennung sehr. Während meiner gesamten Karriere bei Bühler hatte ich das Glück, mit talentierten Teams und führenden Kunden zusammenzuarbeiten, die die Grenzen der Technologie immer weiter verschieben. Als Bühler Fellow möchte ich weiterhin meinen Beitrag leisten, indem ich Wissen teile, Neugierde fördere und unseren Mitarbeitenden und Partnern zum Erfolg verhelfe», sagte Markus Hofer.

Das Bühler Fellowship-Programm ist die höchste Stufe der Bühler-Karriereleiter für Experten und wurde ins Leben gerufen, um Personen zu würdigen, die einen aussergewöhnlichen Beitrag zur technischen und strategischen Führung leisten, die Innovationsfähigkeit von Bühler stärken und die Zusammenarbeit innerhalb des Unternehmens und seines globalen Netzwerks fördern. Die Fellows werden in einem internen Verfahren nominiert und vom Executive Board aufgrund ihrer nachgewiesenen Fachkompetenz, ihrer geschäftlichen Bedeutung und ihres Engagements für die Förderung zukünftiger Talente ausgewählt.

Bühler ernennt zwei neue Fellows
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Holzgas statt Heizöl beim Hotel Stanglwirt

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Der Stanglwirt, Bio-Bauernhof mit integriertem 5-Sterne-Hotel am Wilden Kaiser, hat sein Energiezentrum neu aufgestellt.
2025
11/27/2025
Holzgas statt Heizöl beim Hotel Stanglwirt

Verbundenheit zur Natur und Umweltschutz werden beim Stanglwirt seit seinem Ursprung im Jahr 1609 gelebt. Mit dem eigenen Bioenergie-Kraftwerk setzt die Familie einen weiteren Meilenstein in der Unternehmensgeschichte.

„Als weltweit einzige Anlage dieser Art in einem Hotelleriebetrieb möchten wir zeigen, wie Strom und Wärme umweltfreundlich erzeugt und in einer eigenen Kreislaufwirtschaft genutzt werden können“, erklärte Stanglwirt Balthasar Hauser.
Hauptfoto: Stanglwirt Bio-Energie Kraftwerk (Foto: © Chris Perkles).

Hackgut und High-Tech

Herzstück des neuen Kraftwerks ist eine Holzvergaseranlage des Tiroler Herstellers SynCraft, die PEFC- und RED-II-zertifiziertes Hackgut und Schadholz in Holzgas umwandelt, das anschließend in einem Gasmotor zur Strom- und Wärmeerzeugung genutzt wird. Die elektrische Nennleistung liegt bei bis zu 550 Kilowatt. Die nutzbare Wärme aus Motorkühlung und Abgas beträgt rund 740 Kilowatt und speist das hoteleigene Fernwärmenetz. Im Sommer wird der Wärmebedarf vollständig gedeckt. Im Winter übernimmt ein moderner Biomassekessel die Spitzenlast, ein älterer Gaskessel bleibt als Sicherheitsreserve. Die Eigenversorgung mit Strom erreicht im Jahresmittel etwa 60 %. Zukauf erfolgt als zertifizierter Ökostrom. Die Gesamtinvestition beträgt rund 11 Mio. Euro. Etwa 3,5 Mio. Euro entfielen dabei auf die von SynCraft entwickelte Technologie, der Rest auf Bau, Infrastruktur und begleitende Maßnahmen.

Feierliche Präsentation: Marcel Huber (SynCraft), Werner Embacher (Werksleiter), Bürgermeister Alexander Hochfilzer, LH Anton Mattle, Balthasar Hauser, Magdalena Hauser, Maria Hauser, Joko Winterscheidt, Elisabeth Hauser, Domkapitular Dr. Josef J. Pletzer, Johannes Hauser (Foto: Sabine Kemper).

Neben Strom und Wärme entsteht bei der Holzgasreinigung Pflanzenkohle als besonderes Nebenprodukt. In der Landwirtschaft wird sie beispielsweise als Bodendünger eingesetzt. Bedeutsam ist ihr klimapositiver Beitrag, denn sie bindet dauerhaft den im Holz enthaltenen Kohlenstoff.

Das Heizwerk des Tiroler Anlagenbauers Syncraft zeigt, wie sich aus regionalem Holz hochwertige Energiedienstleistungen erzeugen lassen (Foto: Sabine Kemper).
Die Anlage spaltet Holzschnitzel kontrolliert in Gas und Kohle, nutzt das Gas effizient in Kraft-Wärme-Kopplung und die Pflanzenkohle als Kohlenstoffsenke und als marktfähiges Nebenprodukt (Foto: © ChrisPerkles).
Das Werk liefert täglich gut zwei Big Bags à 800 bis 950 Kg Pflanzenkohle. Ab Hof liegt deren Richtpreis je Big Bag zwischen 250 und 500 Euro (Foto: Sabine Kemper).

Nach einem Rundgang durch das Werk, geführt von Johannes Hauser, Werksleiter Walter Embacher und Marcel Huber, Geschäftsführender Partner SynCraft, klang die Veranstaltung in familiärer Atmosphäre im Gasthof aus – ganz im Sinne des Mottos „daheim beim Stanglwirt.“

Im Interview Werksleiter Walter Embacher

Walter Embacher erläutert die Technik, die Brennstofflogistik und den Nutzen der entstehenden Pflanzenkohle (Foto: Sabine Kemper)..

M+M: Wie kam es beim Stanglwirt zu der Entscheidung, ein eigenes Heizwerk mit Holzvergasung zu bauen?

Walter Embacher: Das Areal für den Bau übernahm Balthasar Hauser, Inhaber des Stanglwirt, im Jahr 2012. Das Biomasse-Heizkraftwerk aus den 70er-Jahren musste bald erneuert werden und man sprach mit mehreren Verbänden, speziell dem Biomasseverband über eine Lösung. Am Ende stand die Entscheidung die ältere Technik des Werks durch eine modernere Anlage zu ersetzen.  Durch eine glückliche Fügung kam die Familie Hauser mit Klaus Embacher, der im Ort wohnt, ins Gespräch. Er ist Projektleiter bei der Tiroler Firma Syncraft, die seit über zwölf Jahren klimapositive Energiesysteme baut. Er schlug vor mit der gleichen Menge an Rohstoff Strom und Wärme mit einer Holzvergaseranlage zu erzeugen. Die sei stromgeführt und als Nebenprodukte fallen Wärme und Pflanzenkohle an. Die Rohstoffmenge ist kontinuierlich das ganze Jahr gleich, außer man verändert die Leistungsparameter. Nach Besichtigung einer Testanlage in Innsbruck fiel die Entscheidung für diese innovative Anlage, Syncraft lieferte die Technologie und ein örtlicher Betrieb, die Firma Innio Jenbacher, die Motoren.

M+M: Was unterscheidet die Holzvergasung von einem klassischen Blockheizkraftwerk (BHKW)?

Walter Embacher: Unser Geheimnis ist der zweistufige Thermoprozess aus Pyrolyse und Holzvergasung. Beides läuft in sauerstoffarmer Umgebung, damit das Holz nicht einfach verbrennt, sondern sich chemisch ohne Sauerstoffüberschuss in drei Fraktionen aufspaltet: Einem Gasgemisch aus Kohlenmonoxid, Wasserstoff, Methan und leichten Kohlenwasserstoffen, in Pflanzenkohle sowie in geringe Mengen an Kondensaten. Zunächst erhitzt die Pyrolyse die Holzschnitzel auf etwa 200 bis 240 Grad Celsius, damit die thermische Zersetzung in Gang kommt. Ein Teil des im Holz gebundenen CO2 bleibt in der Pflanzenkohle erhalten. In der Regel binden wir 20 % des CO2 dauerhaft in der Pflanzenkohle. Von der Pyrolyse geht es dann runter in den Reaktor und im Reaktor erfolgt die restlichen Ausgasungen. Die nachgeschaltete Vergasungsstufe wandelt die aus der Pyrolyse stammenden Gase sowie Teile der Pflanzenkohle weiter in ein sauberes Holzgas um. Die zweistufige Führung steigert die Gasqualität. Filter und Abscheider kühlen und reinigen das Holzgas, das einen Motor antreibt und Strom erzeugt. Die Abwärme aus Motor und Abgas nutzt die Anlage über Wärmetauscher für Heizzwecke.

M+M: Welche Rolle spielt die Brennstoffqualität?

Walter Embacher: Sie entscheidet über Anlagenstabilität und Ausbeute. Die Hackschnitzel haben eine definierte Stückigkeit von etwa 50 Millimetern. Dieses Sondersortiment ermöglicht uns eine sichere Beschickung. Die Mischung enthält rund 40 % Hartholz wie Buche, Erle oder Eiche, ergänzt um Fichte und Tanne als Weichholzanteil. Wir verwenden nur nachwachsende Rohstoffe, die aus der Gegend kommen mit einem Radius von etwa 40 Kilometern. Alle Rohstoffe sind PEFC-zertifiziert. Das heißt, wir entnehmen nur die Menge Holz aus dem Wald, die wieder zuwächst. Das sägefähige Holz kommt ins Sägewerk und das, was wir als Energieholz nutzen können, zerkleinern wir in Hackschnitzel. In unserem Radius haben wir ein kleines Portfolio an Lieferanten. Wir haben ein konsequentes Qualitätsmanagement und bis ein Lieferant bei uns liefert, dauert es circa zwei bis drei Monate.

M+M: Was passiert, wenn die Anlage durch die falsche Zusammensetzung des Rohmaterials ausfällt?  

Walter Embacher: Gerät die Stückigkeit der Lieferung aus dem Ruder, muss ich die Leistung reduzieren. Das ist kein großes Problem, wenn gleich wieder gutes Material kommt, dann kann ich mit ihr wieder raufgehen. Das geht bedingt bis zu einem gewissen Grad und bis zu sieben Tagen. Nach einer Woche muss ich die Anlage abstellen, den Reaktor mit fünfzehn Kubikmetern Holzgasgemisch entleeren und die Anlage komplett wieder neu starten. Ausfälle von vier bis fünf Tagen belasten nicht nur durch Materialkosten, sondern durch den Produktionsausfall. Da wir genaue Daten für unseren Wärme- und Stromverbrauch haben, können wir ihn quantifizieren. Lieferanten, die mehrfach nicht die Qualität liefern können, scheiden schon allein deswegen aus. Bisher ist es jedoch noch nie zu einem vollständigen Ausfall gekommen und wir haben fast keine Störungen. Man bekommt mit der Zeit das Gespür dafür, was man machen muss, wenn ein Trend davonläuft. Oft reicht ein kleiner Eingriff und dann geht’s wieder.

M+M: Wie hoch ist der Betriebs- und Wartungsaufwand?

Walter Embacher: Meine reine Anlagentätigkeit dauert täglich etwa vier Stunden. Wir fahren strikt planbare Wartungen. Vierteljährlich gibt es eine kleine Wartung mit 24 Stunden Stillstand, halbjährlich oder nach Bedarf eine große Wartung mit bis zu 48 Stunden. Gasführende Anlagenteile sind nahezu wartungsfrei, abgesehen vom Zündkerzenwechsel am Gasmotor. Bei den gaserzeugenden Stufen entfernen wir turnusmäßig Kohlenstoffablagerungen. Trends überwachen wir kontinuierlich. Weichen Kennlinien ab, greifen wir punktuell ein.

Das Heizkraftwerk liegt auf der anderen Straßenseite, so dass zum Hotelbetrieb ein Tunnel für die Wärmeleitung  gebohrt wurde (Foto ©Chris Perkles).

M+M: Lief die Inbetriebnahme gleich reibungslos?

Walter Embacher: Zu Beginn fehlte uns die Fernwärmeleitung. Wir mussten in Puffer fahren und häufiger abstellen. Das ist für jede Anlage ungünstig. Aber es dauerte, die Leitung  unter der Straße zum Hof und dem Hotel zu verlegen. Nach Fertigstellung der Leitung sank die Störungslast deutlich. Mit der Fernwärmeleitung unter der Straße versorgen wir heute den gesamten Hotelbetrieb. Aktuell beheben wir etwa 80 % der Störungen innerhalb von 15 bis 20 Minuten. Syncraft hat seinen Firmensitz in der Nähe und wir optimieren gemeinsam. Eine Zündzeitpunkt-Anpassung brachte zuletzt drei bis vier Kilowatt zusätzliche elektrische Leistung. Aufs Jahr gerechnet ergibt das einen beachtlichen Mehrertrag. Die Holzvergasung speist elektrisch 550 kW im Nennpunkt ein und ca. 740 kW für Wärme über die Fernwärmeleitung. Für Winterspitzen steht ein moderner Biomassekessel bereit und als dritte Stufe existiert ein älterer Gaskessel. So bleibt die Versorgung selbst in Ausnahmesituationen gesichert. Bei Wärme erreicht die Anlage im Sommer eine hundertprozentige Deckung und im Winter übernimmt der Biomassekessel das Delta. Beim Strom liegt die Eigen¬versorgung bei rund 60 %. Zusätzlich wird zertifizierter Ökostrom dazu gekauft. Ziel ist eine möglichst lückenlose Versorgung des Stanglwirts aus erneuerbaren Quellen.

M+M: Welche Stoffströme dürfen Sie rechtlich einsetzen?

Walter Embacher: Die Zertifizierung und das Abfallwirtschaftsrecht setzen klare Grenzen. In der Vergasung verwenden wir ausschließlich stammholzbasierte Hackschnitzel in definierter Qualität. Im Biomassekessel lassen sich Grünschliff, Blatt- und Nadelanteile nutzen, also der energetisch verwertbare Rest des Baumes. Andere Abfälle sind ausgeschlossen.

M+M: Was passiert mit der Pflanzenkohle?

Walter Embacher: Ein Teil geht regional in die Landwirtschaft. Daneben setzt die Industrie, wie Stahl- und Zementindustrie, Pflanzenkohle mehr und mehr als Additiv ein. Wir produzieren ungefähr 400 t Pflanzenkohle jährlich, täglich gut zwei Big Bags à 800 bis 950 Kilogramm. Ab Hof liegt der Richtpreis je Big Bag zwischen 250 und 500 Euro für die Pflanzenkohle.

M+M: Wie viel Förderung hat der Stanglwirt bekommen und welche Kompetenzen braucht ein Betriebsteam für so eine Anlage?

Walter Embacher: Die Anlage hat ein Investitionsvolumen von 11 Mio. Euro. Zur Förderung kann der Betrieb bestätigen, dass der Bund 30 % beisteuerte. Fachlich hilft sicher Verständnis für Holz und wer aus dem Sägewerksumfeld kommt, bringt die nötige Praxis mit. Der Rest ist lernbar. Wichtig sind Gefühl für Materialien und die Bereitschaft, sich die Hände schmutzig zu machen sowie Disziplin bei Wartungsintervallen. Da Lieferanten zuverlässig liefern müssen, ist ein konsequentes Lieferantenmanagement als Schutz vor Kettenreaktionen nötig.

Das Heizkraftwerk steht in Going am Wilden Kaiser (Foto: ©Chris Perkles).
Holzgas statt Heizöl beim Hotel Stanglwirt
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SWISCA-Neubau in Herisau nimmt Formen an

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Die SWISCA AG treibt den geplanten Neubau an der Nordhalden in Herisau/CH voran.
2025
11/21/2025
SWISCA-Neubau in Herisau nimmt Formen an

Mit dem Neubau an der Nordhalden setzt SWISCA ein starkes Zeichen für den Industriestandort Herisau. Das Siegerprojekt überzeugte die Jury aus Vertretern von Bau, Gemeinde und SWISCA durch seine durchdachte Integration in die anspruchsvolle Topografie und die klare industrielle Architektursprache.

Eine gläserne Schulmühle wird zum Herzstück des Neubaus. Sie macht die Innovationskraft des heimischen Unternehmens von aussen sichtbar. Die grosszügige Montagehalle mit nur fünf Stützen bietet maximale Flexibilität für Produktion und Logistik. Generell ermöglicht die Raumorganisation kurze Wege und schafft Arbeitsplätze mit natürlicher Belichtung und klaren Aussenbezügen.

"Mit diesem Neubau leben wir Next Generation", sagt Heinz Brand, CEO der SWISCA AG. "Wir steigern unsere Effizienz, erweitern die Wertschöpfung für unsere Kunden durch Trainings und Technologiekurse und schaffen nachhaltige, attraktive Arbeitsplätze in der Region."
Bürokomplex und Montagehalle (links) zeigen mit ihren gläsernen Fassaden Einsicht (Foto: Filippo Bolognese Images).
Viel Licht und wenig Stützen schaffen Raum für effiziente Abläufe in der Montage (Foto: Filippo Bolognese Images).

Das Projekt setzt konsequent auf Nachhaltigkeit. "Wir entwickeln den Ort nicht nur baulich, sondern auch ökologisch weiter", erklärt Michael Meier von Meier Hug Architekten aus Zürich. Geothermie und Photovoltaik, begrünte Flächen, recycelter Stahl und CO₂-optimierter Beton unterstreichen diesen Anspruch.

"Es ist schön zu sehen, wie das Projekt voranschreitet", sagt Gemeindepräsident Max Eugster. "Wir sind überzeugt, mit SWISCA den idealen Partner gefunden zu haben. Das Projekt trägt das kommunale Entwicklungskonzept mit und fügt sich harmonisch in die bestehende Industriearchitektur unserer Gemeinde ein. Und natürlich freuen wir uns auch über die rund 200 Arbeitsplätze, die hier entstehen werden."

Meier Hug Architekten arbeiten am Vorprojekt, das im Sommer 2026 abgeschlossen werden soll. Baustart ist im vierten Quartal 2027 vorgesehen.

Am Fusse des Alpsteins, gut eingebettet ins Appenzellerland, zeigt sich der neue SWISCA-Hauptsitz (Foto: Swisca).
SWISCA-Neubau in Herisau nimmt Formen an
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Bühler feiert zehnjähriges Bestehen der African Milling School in Nairobi

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In der African Milling Scholl in Nairobi wurde ein Jahrzehnt der Kompetenzförderung in der Müllerei-Industrie gefeiert.
2025
11/18/2025
Bühler feiert zehnjähriges Bestehen der African Milling School in Nairobi

Die African Milling School (AMS) wurde 2015 gegründet, um der Kundennachfrage nach qualifizierten Fachkräften zu genügen. Die AMS war der erste eigene Lehrbetrieb von Bühler in Afrika. Die Schule wurde auf der «grünen Wiese» in Nairobi konzipiert, das sich aufgrund seiner guten Erreichbarkeit, modernen Infrastruktur und strategischen Lage für Studierende aus der gesamten Region sehr gut eignete. Nach vier Jahren intensiver Planungs- und Bauphasen und einer Investition von rund fünf Millionen Schweizer Franken öffnete Bühler die Türen dieses einzigartigen Zentrums, das modernste Einrichtungen, praktische und theoretische Ausbildung sowie ein hochqualifiziertes Lehrerteam unter seinem Dach vereint.

Seit der ersten Klasse mit 24 Müllerlehrlingen hat die AMS ein strikt duales Ausbildungsmodell beibehalten, das vom Schweizer System inspiriert ist: Die Studierenden verbringen fünf Monate in ihrem Heimatland, dann einen Monat an der Schule, und absolvieren über zwei Jahre verteilt vier Module. Der Vormittag ist dem Unterricht im Klassenzimmer gewidmet, der Nachmittag der praktischen Übung – ein Ansatz, der sicherstellt, dass die Studierenden ihre Fähigkeiten sofort an ihrem Arbeitsplatz anwenden können.

Die AMS hat konsequent ein duales Ausbildungsmodell beibehalten, das vom Schweizer System inspiriert ist: Die Studierenden verbringen fünf Monate in ihrem Heimatland, dann einen Monat an der Schule, und absolvieren über zwei Jahre verteilt vier Module (Foto: Bühler).
«Als wir die African Milling School gegründet haben, lag unser Fokus auf einer Ausbildung, die wirklich etwas bewirkt: Wir wollten Müller und Müllerinnen darin schulen, ihre Produktivität zu optimieren und den Ertrag zu maximieren», sagt Martin Schlauri, der erste Leiter der African Milling School. «Qualifizierte Fachkräfte sind das Rückgrat effizienter Anlagen, und durch eine angemessene Ausbildung können sie greifbare Ergebnisse für ihre Unternehmen und die Gemeinschaften, in denen sie tätig sind, erzielen.»
Martin Schlauri (ganz links), first Head of the African Milling School, mit Studierenden der Head Miller-Klasse im Jahr 2019 (Foto: Bühler).

In den letzten Jahren hat sich die AMS über das traditionelle Mahlen hinaus weiterentwickelt. Heute bietet sie Schulungen in den Bereichen Getreideverarbeitung, Futtermittel, Kaffeeverarbeitung, Backtechnologie sowie pflanzliche Proteine an. Die Kurse gibt es in mehreren Sprachen und Formaten - vor Ort, online und hybrid -, wodurch die Ausbildung zugänglich wird und angepasst werden kann.

Die Eröffnungsfeier in Nairobi vor 10 Jahren (Foto: Bühler).

Bildung für Wirkung

Die Müllereibranche befindet sich in einer Phase des Umbruchs. Sie steht unter dem ständigen Druck externer Faktoren wie Klimaveränderung, Fachkräftemangel, steigender Nachfrage nach Fertigprodukten und anhaltend instabilen Lieferketten. In diesem komplexen Umfeld braucht es unbedingt gut ausgebildete und qualifizierte Arbeitskräfte in der Müllereibranche, um die Produktivität zu steigern und die Zukunft der Lebensmittelversorgung zu sichern.

In den letzten zehn Jahren hat die AMS mehr als 1.600 Studenten aus über 30 Ländern aufgenommen, mit über 200 Unternehmen zusammengearbeitet und ihren Lehrplan kontinuierlich an die sich wandelnden Anforderungen der Müllerei- und Lebensmittelbranche angepasst. Kurzlehrgänge und spezielle Vor-Ort-Schulungen ergänzen den Hauptlehrplan und machen die Ausbildung auch für Fachleute zugänglich, die sich nicht für das gesamte zweijährige Programm verpflichten können.

Theorie und Praxis kommen zusammen

Sulaiman Al Saqri, von Oman Flour Mills, hat das Programm 2024 abgeschlossen. «Das Apprentice Miller Program hat mir wirklich die Augen für das Gesamtbild der Müllereibranche geöffnet – von der Technologie bis zur Getreidekunde», sagt der Absolvent. «Es hat mir geholfen, meine Arbeitsweise und die Fehlerbehebung in der Anlage jeden Tag zu verbessern. Am besten hat mir gefallen, wie Theorie und Praxis miteinander verbunden wurden – man lernt nicht nur Konzepte kennen, sondern sieht sie auch in der Praxis. Es war ein intensives Programm mit vielen neuen Informationen, aber es hat mich dazu motiviert, mich weiterzuentwickeln, und mir Vertrauen in meine Arbeit gegeben.»
Seit 2015 hat die African Milling School mehr als 1600 Müllerinnen und Müller aus über 30 Ländern in Afrika, dem Nahen Osten und Indien ausgebildet (Foto: Bühler). .

Jedes Jahr schickt Sharuq Sokwalla, Managing Director von Grain Industries Limited in Kenia, eine Gruppe von Mitarbeitenden des Unternehmens zur African Milling School, um ihre Fähigkeiten weiterzuentwickeln.

«Die African Milling School ist mehr als ein Ausbildungszentrum – sie ist ein Motor für Spitzenleistungen in der Branche», sagt Sharuq Sokwalla. «Unsere Teams kommen von der AMS nicht nur mit besseren technischen Fähigkeiten zurück, sondern auch mit dem Selbstvertrauen, die Effizienz zu optimieren, Anlagen proaktiv zu warten und eine gleichbleibende Qualität zu liefern. Bühler ist für uns mehr als nur ein Lieferant, sondern ein echter Partner für unser Wachstum und unseren Erfolg.» Sharuq Sokwalla.

Die in der AMS erworbenen Fertigkeiten wirken sich aber auch spürbar auf die gesamte Branche aus.

«Was unser Lehrerteam antreibt, ist der Beitrag, den wir zur Verbesserung der Lebensmittelsicherheit und -versorgung leisten. Wenn die Studierenden ihr Wissen in ihren Mühlen anwenden – um die Erträge zu verbessern oder den Energieverbrauch zu senken –, sind die Auswirkungen und potenziellen Einsparungen erheblich», sagt Priscilla Bakalian, die in den letzten drei Jahren eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung der African Milling School gespielt hat.
Dario Grossmann, Head of Milling Academy in Uzwil, Schweiz (Foto: Bühler).

Genau diese Wirkung möchte Bühler erzielen.

«Die African Milling School ist mehr als eine Bildungseinrichtung – sie ist ein Katalysator für Veränderungen», sagt Dario Grossmann, Leiter der Bühler Milling Academy in Uzwil, Schweiz. «Wir vermitteln den Leuten Wissen, Selbstvertrauen und Eigenverantwortung, damit sie in ihren Unternehmen und Gemeinschaften konkrete Ergebnisse erzielen können.»

Ein globales Lernnetzwerk

Die AMS ist dank der starken Unterstützung durch Bühlers globales Aus- und Weiterbildungsnetzwerk gewachsen, zu dem die Milling Academy, das Grain Innovation Center (GIC) und das Swiss Feed Technology Institute (SFT) im schweizerischen Uzwil sowie das Grain Processing Innovation Center im nigerianischen Kano gehören. Gemeinsam bieten diese Einrichtungen umfassende Schulungen an, vermitteln praktische Erfahrungen und bereiten die nächste Generation von Fachleuten darauf vor, fortschrittliche Müllereitechnologien zu bedienen, neue digitale Lösungen einzuführen und KI-gesteuerte Prozesse zu implementieren.

«Ausbildungen sind Investitionen, keine Kosten», sagt Dario Grossmann. «Jeder AMS-Absolvent kehrt in sein Unternehmen zurück und hat dort einen messbaren Einfluss auf Produktion, Effizienz und Gesellschaft. Das ist der wahre Massstab für Erfolg – und der Grund, warum wir dieses Bildungsnetzwerk weiter stärken.»
Mit dem 10-jährigen Jubiläum wurde ein Jahrzehnt der Kompetenzförderung in der Müllerei-Industrie und eine neue Gruppe von Absolventen aus sieben Ländern gefeiert (Foto: Bühler).

Bühler feiert zehnjähriges Bestehen der African Milling School in Nairobi
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KI und Arbeitssicherheit

Automatisierung
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Explosionsschutz
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IT-Sicherheit
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Qualitätssicherung-kontrolle
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Wie KI und Robotik in Mühlen Arbeits­sicherheit verbessern und Risiken reduzieren kann.
2025
11/10/2025
KI und Arbeitssicherheit
Dr. Oliver Schmitt, BGN Mannheim

M+M: Können Mensch, KI und Roboter zusammen eine robuste Sicherheitskultur stärken, die den Alltag im Getreidewerk noch risikoärmer macht?

Dr. Oliver Schmitt: Wer das Risikoprofil einer Mühle nüchtern betrachtet, erkennt die klassischen Gefährdungen. Staubexplosionen in ATEX-Zonen 20, 21 und 22, Funken als Zündquelle in pneumatischen Förderleitungen, blockierende Elevatoren mit heißlaufenden Lagern, Absturzgefahren auf dem Silo, Lärm, Vibrationen, Scher- und Quetschstellen an Walzenstühlen und Plansichtern etc. Die traditionelle Antwort lautete Explosionsschutzdokument, technische Schutzmaßnahmen, Lockout-Tagout, Unterweisung, sauberes Housekeeping und disziplinierte Instandhaltung. Daran wird sich auch künftig nichts ändern. Neu ist, dass wir viele dieser Punkte digital überwachen, antizipieren und automatisieren können.

M+M: Sensoren gibt es bereits, was würde sich durch KI und Robotik konkret ändern?

Dr. Oliver Schmitt: In der Praxis könnte es bedeuten, dass fixe Sensoren und mobile Einheiten den Zustand der Anlage kontinuierlich erfassen. Kameras mit Bilderkennung kontrollieren und melden Abweichungen. Thermografische Module beobachten Lagerstellen, Walzenstühlen oder Ventilatoren und schlagen Alarm, beispielsweise bevor ein Hotspot zum Brand wird. Sie erfassen zudem Unwuchten und beginnende Lagerschäden. Die KI kann Muster abgleichen mit bekannten Ausfallbildern. Gas- und Partikelsensoren in Silos und Förderleitungen warnen vor CO-Anstieg, beginnender Selbsterwärmung oder gefährlicher Staubkonzentration. Diese 24-Stunden-Wache hat zudem den Vorteil, sie ermüdet nicht, protokolliert sauber und liefert Trends statt Momentaufnahmen.

M+M: Müssen Beschäftigte bald nicht mehr auf und in das Silo steigen?

Dr. Oliver Schmitt: Das kann heute bereits ein geländegängiger Inspektionsroboter mit ATEX-tauglicher Ausrüstung übernehmen. In schwer zugänglichen Bereichen helfen kleine Indoor-Drohnen mit Abstandssensorik und Käfigrahmen. Sie inspizieren Filterhäuser, Dachräume und hohe Schächte, filmen Risse, lockere Manschetten und Leckagen an Absaugrohren. In Silozellen kann eine Drohne Füllstand, Brückenbildung und Oberflächentemperatur detektieren, ohne dass jemand die Leiter anlegt. Mobile Saugroboter nehmen im Nachgang den Staubfilm auf, der als Kraftstoff für jede Explosion dient. Das klingt nach Zukunft, lässt sich aber in modularen Schritten in den Alltag integrieren.

M+M: Wie sieht es in anderen Bereichen des Betriebs aus, beispielsweise im Labor?

Dr. Oliver Schmitt: Kollegen im Labor und in der Verpackung erleben die Unterstützung anders. In der Probenahme aus dem Endprodukt oder aus Zwischenstromlinien hilft beispielsweise ein kleiner Manipulator, Probengefäße sicher zu greifen, zu verschließen und zum Labor zu bringen. Eine KI protokolliert lückenlos, welche Probe wann und wo gezogen wurde. Das dient der Rückverfolgbarkeit und der Compliance. Ein kollaborativer Roboter palettiert Mehlsäcke, wechselt Greifer zwischen 10- und 25-Kilo-Gebinden und hält die Taktzeit. Eine Bildauswertung prüft Etiketten, Sacknähte und Chargencodes. Der Cobot begrenzt seine Kräfte und stoppt, wenn ihn jemand berührt. In ATEX-Zonen braucht es gesonderte Konzepte, oft arbeiten Cobots daher in Nicht-Ex-Bereichen, nehmen den physischen Druck aus monotonen Aufgaben und senken die Fehlerquote, die in Hektik entsteht.

M+M: Das hört sich vernünftig an, aber wo ist die neue Qualität oder Erleichterung für die Belegschaft durch die KI?

Dr. Oliver Schmitt: Der größte Sicherheitshebel entsteht dort, wo Daten intelligent verknüpft werden. Das Prozessleitsystem liefert Temperaturen, Stromverbrauch, Drehzahlen. Zustandsüberwachungssysteme steuern Schwingungsdaten bei. Kameras und Mikrofone liefern Bild und Ton. Eine KI verdichtet diese Ströme zu Ereignissen, bewertet deren Kritikalität und löst abgestufte Reaktionen aus. Bei einem beginnenden Lagerschaden am Elevator meldet das System erst an die Bereitschaft, senkt dann die Geschwindigkeit, fährt den Strang kontrolliert leer und verriegelt den Start, bis die Wartung den Schaden behoben hat. Bei einer Staubwolke in der Förderleitung meldet die Funkenmeldeanlage einen Treffer, die KI prüft das Bild der Kamera am Zyklon, erkennt Flammenerscheinungen und triggert die Löschanlage. In der Leitwarte erscheint kein rotes Lichtermeer, sondern ein geordneter Handlungsleitfaden. Diese Orchestrierung entscheidet, ob aus einer Störung eine Havarie wird. Ich sehe hier viel Nutzen. Kontinuierliche Überwachung erkennt Gefahren, bevor Menschen sie sehen, und senkt die Reaktionszeit. Die Dokumentation hilft bei Behördenprüfungen und Audits. Reduzierte Abstiege in enge Räume senken die Exposition. Weniger Hektik bei Palettierung und Probenahme reduziert typische Handverletzungen.

M+M: Wo sind dabei die Grenzen und Nebenwirkungen? Keine KI versteht jedes Sonderereignis. Bildalgorithmen verwechseln Staubschwaden mit Dampf, akustische Modelle interpretieren einen Riemenpfiff als Lagergeräusch. Wer blind auf Automatik vertraut, riskiert falsche Sicherheit. Dazu kommen berechtigte Datenschutz- und Akzeptanzfragen. Die Belegschaft möchte wissen, was die Sensoren sehen, wer die Daten nutzt und wie lange.

Dr. Oliver Schmitt: Der Rechtsrahmen setzt Leitplanken. Wer neue Roboter und KI-Überwachung einführt, muss die Gefährdungsbeurteilung aktualisieren, das Explosionsschutzdokument fortschreiben und die Schnittstellen zur Sicherheitssteuerung sauber bewerten. Sicherheitsfunktionen benötigen einen definierten Performance Level nach ISO 13849 oder eine passende SIL-Einstufung. In Ex-Bereichen sind Zündschutzarten, Zertifikate und Temperaturklassen einzuhalten. Eine Kamera oder Drohne mag technisch exzellent sein, doch ohne Ex-Zulassung darf sie in Zone 21 nicht arbeiten. Auch die IT-Sicherheit gehört ins Paket. Ein Inspektionsroboter, der per Funk streamt, muss gegen Angriffe geschützt sein, sonst entsteht aus Sicherheit eine Schwachstelle. Wirtschaftlich rechnet sich Sicherheit nicht nur über vermiedene Unfälle. Früh erkannte Lagerschäden, planbare Stillstände und eine niedrigere Reklamationsquote zahlen ein.

M+M: Kann eine mittelständische Mühle damit nach und nach starten?

Dr. Oliver Schmitt: Eine mittelständische Mühle startet vernünftig mit zwei bis drei klaren Anwendungsfällen. Erste Wahl sind oft Elevator-Überwachung mit Thermografie und Drehzahlwächtern, Funkenmeldung mit automatischer Abschaltung und dokumentiertes Housekeeping mit mobilen Saugern und KI-gestützter Flächenkontrolle. Danach folgen Palettierung durch einen Cobot außerhalb der Ex-Zone, PSA-Erkennung an neuralgischen Punkten und eine akustische Zustandsüberwachung ausgewählter Lager. Wer die Kennzahlen zu Vorfällen, Beinahe-Ereignissen und Stillständen vor und nach dem Pilot vergleicht, kann den nächsten Schritt faktenbasiert planen. Leasingmodelle, Serviceverträge und modulare Upgrades helfen, die Anfangslast zu verteilen.

M+M: Aber entscheidend bleibt der Mensch und die Belegschaft lebt die Sicherheitskultur. Helfen dabei Schulungen?

Dr. Oliver Schmitt: Gute Werke binden Mitarbeiter früh ein, schulen zielgruppengerecht, erklären Nutzen und Grenzen, üben Szenarien und definieren klare Verantwortlichkeiten. Eine Leitwarte, die Vorfälle versteht, sortiert und sauber übergibt, ersetzt keine Begehung mit erfahrenem Blick. Wer Technik als Partner begreift, gewinnt Zeit für die Aufgaben, die nur Menschen lösen. Dazu zählen Ursachenanalysen, permanente Verbesserung und die Kommunikation, die Vertrauen schafft.

M+M: Haben Sie schon Erfahrungen gemacht, ob der Einsatz von KI Gefahren senkt?

Dr. Oliver Schmitt: Ob KI und Roboter Arbeitsunfälle senken, ist eine Frage der Umsetzung. Untersuchungen aus industriellen Umfeldern berichten von sinkenden Quoten, wenn Betriebe Robotik maßvoll und zielgerichtet einsetzen. Absolute Zahlen variieren, Methodik und Datenbasis lassen sich diskutieren. Für Mühlen gilt daher ein nüchterner Satz. Wer die richtigen Use-Cases wählt, wer Technik sauber in den Explosionsschutz, in die Maschinensicherheit und in die Organisation einbettet, wer Datenpflege ernst nimmt und die Mannschaft respektvoll mitnimmt, der reduziert Risiken messbar. Am Ende bleibt die Einsicht, dass KI und Robotik neue Werkzeuge liefern, sie treffen jedoch keine Entscheidung und tragen keine Verantwortung. Das leisten die Menschen im Werk. Die Kunst ist, beides klug zu verbinden.

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Besuch in der Wunderkammer des Brotes

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Das Paneum in Asten zeigt eine umfangreiche Brot-Sammlung in einem modernen Bau.
2025
11/10/2025
Besuch in der Wunderkammer des Brotes

Kultureller Code seit 9.000 Jahren

Wer das Paneum betritt, spürt sofort die Wucht der Zahlen: 1.200 Exponate aus 9.000 Jahren, ausgewählt aus einer Sammlung von über 15.000 Objekten. Sie erzählen von Kornmumien im alten Ägypten, von rituellen Gefäßen aus Peru, von chinesischen Getreidespeichern, Zunftgeräten und Büchern, die Generationen von Bäckern begleitet haben. Rund 5.500 Titel umfasst die Bibliothek.

Bibliothek im Paneum
Die Bibliothek des Paneums (Alle Fotos: Patrick Buhl).

All dies macht klar: Brot ist nicht nur ein Lebensmittel. Brot ist ein kultureller Code, ein Symbol für Leben, Gemeinschaft und Hoffnung. Die Geschichte beginnt lange vor den ersten Bäckereien. Schon vor etwa 10.000 Jahren mahlten Menschen Getreide zwischen Steinen. Vor rund 6.000 Jahren kannten die Sumerer bereits Backöfen, und die Ägypter entwickelten das gesäuerte Brot, das mit Hefe zu lockeren Laiben aufging. Im alten Rom gehörte das tägliche Brot zu den Staatsaufgaben, „panem et circenses“ prägten das Gemeinwesen. Im Mittelalter organisierten sich Bäcker in Zünften, Brotpreise waren oft festgelegt, Brotaufstände entschieden über Macht und Ohnmacht.

Tonfiguren aus dem alten Ägyten als Ausstellungsstück im Paneum
Altägyptische Tonfiguren

Staunen als Programm

„Wenn die Leute ein bisschen über Brot nachdenken, haben wir alles erreicht." Peter Augendopler.

Der Satz wirkt schlicht, doch er trifft den Kern. Denn das Paneum setzt auf Staunen. Auf Raritäten, die Fragen wecken. Im Jahr 2015 legte das Unternehmen Backaldrin von Gründer Peter Augendopler (Backaldrin International The Kornspitz Company) den Grundstein für das Projekt rund ums Brot. Anfang Oktober 2017 eröffnete das Paneum. Es dient als Kunden- und Veranstaltungsforum, in dem über die Zukunft des Brotes gesprochen und nachgedacht werden kann.

„Das Paneum soll den Besuchern verdeutlichen, welchen Einfluss und Stellenwert Brot in allen Epochen der Menschheitsgeschichte hatte und bis heute hat“, erläutert Peter Augendopler.

Aus einer Bäckerfamilie stammend und selbst gelernter Bäcker, war er von Kindesbeinen an und seit der Gründung von Backaldrin im Jahr 1964 in der Welt des Brotes zu Hause. Das internationale Wachstum führte den Familienbetrieb bis heute in mehr als 100 Länder, wo Peter Augendopler und Backaldrin unzählige Bäckereibetriebe sowie unterschiedlichste Brotkulturen kennenlernten. Auf diesem Unternehmergeist und der Leidenschaft für Brot fußt die Sammlung von Backaldrin, die in den vergangenen 30 Jahren zusammengetragen wurde und im Paneum präsentiert wird. Da liegt eine Kornmumie, 3.000 Jahre alt, gleich neben einem Meissner Porzellanfigur aus dem 18. Jahrhundert. Ein Spielzeugauto aus den 1950ern-Jahren parkt neben einem mittelalterlichen Zunftgerät. Die Ausstellung folgt dem Prinzip der Wunderkammer: kuriose Dinge nebeneinander, die mehr erzählen, als es jede Chronik allein vermöchte. Diese Idee ist im Italien des 16. Jahrhunderts als „gabinetto delle curiosità“ oder „mirabilia“ entstanden. Für Peter Augendopler ist das Paneum ein Herzstück dieser Mission: Vergangenheit verstehen, um Zukunft zu gestalten.

Alte Kornmumie aus Ägypten
Die Kornmumie aus Ägypten stammt aus dem 7. Jh. vor Chr. bis 1. Jh. nach Chr. und ist aus Holz, Nilschlamm, Gestenkörnern und Leinen.

Arche und Wolke

Doch das Paneum ist nicht nur eine Sammlung. Es ist selbst ein Kunstwerk. Wolf dPrix und sein Büro Coop Himmelb(l)au haben ein Bauwerk geschaffen, das als Wolkenschiff an eine Arche erinnern soll. Diese Idee ist dem Architekten im Gespräch mit seinem Auftraggeber gekommen: „Seine intensive Schilderung hat mich an eine Arche Noah erinnert, mit der wertvolle Objekte gleichsam in eine andere Welt gerettet werden sollen.“ Das quaderförmige Sockelgebäude bildet das Fundament des Paneum und beinhaltet ein Kundeninformationszentrum und Veranstaltungsforum für bis zu 120 Gäste. Die Wunderkammer des Brotes wird über eine spiralförmig angelegte Treppe erschlossen. Aus der Nähe sieht man die 3.131 Edelstahlschindeln, die das Wolkenschiff verkleiden. Jede der Schindeln hat eine andere Form, erzählt uns die Dame am Empfang und reicht uns ein Fotoalbum vom Bau des Gebäudes. Wir bekommen einen Eindruck, wie kompliziert es war, die riesige spiralförmige Treppe aus Stahl in das Gebäude zu setzen. Die Treppe wiegt 45 Tonnen und ist aus einem Guss. Fotos dokumentieren die Präzisionsarbeit der Handwerker und der Kranführer. 393 Kubikmeter Brettsperrholz, millimetergenau gefräst und 60.000 Schrauben tragen die Konstruktion. Die Mischung aus Hightech und Handwerk sei ein Schritt in die Zukunft des Bauens, sagt Wolf dPrix: „3D-Plotten, 3D-Fräsen und mit Robotern bauen – so sieht die Zukunft des Bauens aus.“ Wer die Treppe emporsteigt, sieht nicht nur Objekte, sondern begreift Zusammenhänge. Brot ist das verbindende Element von Religionen, von Kulturen, von Alltag und Festen. Kein anderes Lebensmittel hat in allen Sprachen so viele Sprichwörter hervorgebracht, von „Brot und Spiele“ über „sein tägliches Brot verdienen“ bis hin zu „brotloser Kunst“.

Die silberfarbende und wolkenartige Außenform des Paneum vor einem blauen Himmel und Wolken.
Die Wolkenartige Hülle des Paneum lässt das Gebäude wirken, als würde es abheben.

Brot als Zukunftsfrage

Das Paneum blickt nicht nur zurück. Es ist auch Forum für die Zukunft des Brotes. In den angrenzenden Räumen finden Fachveranstaltungen statt.

„Die Beschäftigung mit der Geschichte der Bäckerei und Offenheit für Brotkulturen in aller Welt sind dafür treibende Kraft und Impulsgeber“, so Peter Augendopler.

Jährlich sind bei Backaldrin tausende Bäcker, Konditoren und andere Fachbesucher aus Österreich und aller Welt zu Gast.

„Wenn etwas so eine lange Tradition hat wie Brot, muss es modern präsentiert werden. Damit zeigen wir, dass Bäcker heute ein höchst moderner Beruf ist.“ Peter Augendopler

Als wir am Ende unseres Besuches wieder hinaus ins Sonnenlicht treten, haben wir viel gelernt und gespürt. Brot ist mehr als Mehl, Wasser, Salz und Hefe. Es ist ein Stück Menschheitsgeschichte. Unser Besuch fällt auf einen der letzten sonnigen Tage dieses Sommers. Am Himmel stehen weiße Wolken, die Sonnenstrahlen lassen die Edelstahlschindeln funkeln, als hätten Himmel und Architektur einen Pakt geschlossen. Brot, so scheint es, ist tatsächlich ein Stück vom Himmel auf Erden.

Zahlen, die wirken

· Bauzeit: 2015–2017

· Grundstück: 3750 m², Ausstellungsfläche 990 m², Gebäudehöhe 20 m

· Sammlung: rund 15 000 Objekte, davon 1 200 in der Ausstellung, 5 500 Bücher in der Bibliothek Online-Buchung und nähere Informationen unter www.paneum.at

Anfragen zu Besuch und Führungen:

Tel.: +43 7224 8821 400 E-Mail: empfang@paneum.at

Die geschwungene Treppe im Museum wurde in einem Stück geliefert und eingebaut.
Die Getreidesichel entstand 5000 v. Chr. In Ägypten.
300 Porzellanfiguren aus Meissen sind ausgestellt. Früherdienten die Bäcker und Brotverkäufer als Tischdekoration.
Auf einer Reise durch Tschechien nutzt Kaiser Joseph II eine Wartezeit dazu den Pflug eines Bauern zu führen. Die volksnahe Geste diente als Vorlage für das teilweise vergoldete Kunstwerk.
Besuch in der Wunderkammer des Brotes
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Bühler führt CompactMix ein – Präzision, Flexibilität und Energieeffizienz für köstliche Ergebnisse

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Bühler-CompactMix für Süßwaren.
2025
11/5/2025
Bühler führt CompactMix ein – Präzision, Flexibilität und Energieeffizienz für köstliche Ergebnisse

Das CompactMix-System ist die Antwort auf mehrere Herausforderungen der Branche. Angesichts der anhaltenden Preisvolatilität auf den Kakaomärkten wenden sich die Hersteller zunehmend Schokoladenalternativen zu, die eine grössere Vielfalt an Rezepturen ermöglichen, ohne Kompromisse bei Geschmack und Qualität einzugehen. Die weltweit steigende Nachfrage nach Produkten für unterwegs, wie gefüllte Kekse, Waffeln und Snackriegel, verlangt ebenfalls nach Produktionssystemen, die flexibel genug sind, um eine grosse Bandbreite an Rezepturen zu verarbeiten.

Ein System, unendlich viele Möglichkeiten

CompactMix vereint das bewährte ShearMix-Mischsystem mit einem Spiralrührwerk für schnelles, gleichmässiges Mischen und der Aurora-Kugelmühle, um die Partikelgrösse zu reduzieren. Diese Kombination garantiert eine optimale Misch- und Mahlleistung und ist die Grundlage für die aussergewöhnliche Produktkonsistenz von CompactMix. Das System liefert gleichmässige Texturen mit einer Partikelgrösse unter 20 Mikrometern, was zu einem samtig weichen Geschmackserlebnis führt. Es kann sowohl fettarme als auch fettreiche Rezepturen verarbeiten und bietet den Herstellern volle Flexibilität bei der Produktion von Schokoladenmassen, wobei es bis zu 30% weniger Energie verbraucht als herkömmliche Modelle.

CompactMix kombiniert Misch- und Mahltechnologien, die präzise Feinheit, konstante Qualität, flexible Produktionskapazität und hohe Energieeffizienz bieten (Foto: Bühler AG).

Die neue Lösung wurde für betriebliche Effizienz entwickelt und ermöglicht schnelle Produktwechsel mit minimalem Ausschuss und einer Reinigungszeit von weniger als zwei Stunden. Das hygienische, vollständig geschlossene Design erfüllt die weltweiten Lebensmittelsicherheitsstandards, und dank ihrer modularen Skalierbarkeit – von 400 kg/h bis 3000 kg/h – eignet sie sich sowohl für die Produktion in kleinem Massstab als auch für die industrielle Produktion.

Skeljzen Nesimi, Head of Product Management Chocolate & Coffee bei Bühler (Foto: Bühler AG).
«Dank CompactMix können Hersteller hochwertige Schokoladenaufstriche, Füllungen und Überzüge mit aussergewöhnlicher Qualität und Konsistenz herstellen. Das flexible Design unterstützt eine breite Palette von Zutaten und fördert Kreativität und Innovation bei der Entwicklung moderner Süsswarenmassen», sagt Skeljzen Nesimi, Head of Product Management Chocolate & Coffee bei Bühler.

Der Hitze trotzen, ohne an Qualität zu verlieren

In Regionen mit konstant hohen Temperaturen – wie in Afrika, Südasien und dem Nahen Osten – ist die Aufrechterhaltung der Stabilität von Schokoladenprodukten während der Lagerung und des Transports eine ständige Herausforderung. Herkömmliche Schokolade schmilzt leicht, was sich sowohl auf die Produktqualität als auch auf die Haltbarkeit auswirkt. CompactMix stellt Schokoladenmassen her, die auf thermische Stabilität ausgelegt sind, und verwendet dabei Rezepturen, die alternative Fette und massgeschneiderte Texturen kombinieren. Das Ergebnis sind Produkte mit höherem Schmelzpunkt und festerer Struktur, die Qualität und köstlichen Geschmack in Märkten mit warmem Klima gewährleisten.

Intelligente Steuerung für perfekte Aufstriche, Füllungen und Überzüge

Über seine fortschrittlichen Verarbeitungsmöglichkeiten hinaus verfügt CompactMix über digitale Lösungen, die Herstellern die vollständige Kontrolle über die Produktion ermöglichen. Echtzeitüberwachung, Rezepturverwaltung und intelligente Steuerungsfunktionen optimieren die Konsistenz, reduzieren den Ausschuss und stellen sicher, dass jede Charge dem gewünschten Feinheits- und Geschmacksprofil entspricht. Mit diesen digitalen Werkzeugen können Kunden auch Rezepte an unterschiedliche Konsumentenvorlieben anpassen, die Leistung verfolgen und die Qualität der Produkte auch unter schwierigen Bedingungen aufrechterhalten.

Mischen, mahlen, formen – alles in einer Linie

CompactMix lässt sich in die komplette Schokoladenverarbeitungslinie von Bühler integrieren – vom Rohmaterialhandling und Mischen über das Mahlen bis hin zum Formen. Das ermöglicht die Herstellung einer breiten Palette von Schokolade und schokoladenähnlichen Anwendungen wie Füllungen, Aufstriche, Überzüge und geformte Produkte. Darüber hinaus können die Kunden in den Forschungs- und Trainingszentren von Bühler neue Rezepturen entwickeln und testen, Prozessparameter optimieren und die Maschinenleistung unter realen Produktionsbedingungen bewerten – was einen reibungslosen Übergang von Pilotversuchen zur Produktion im grossen Massstab gewährleistet. Mit dieser Kombination aus End-to-End-Lösungen und Prozess-Know-how ermöglicht Bühler den Herstellern, über die gesamte Schokoladenproduktion hinweg höchste Qualität, Effizienz und Konsistenz zu erreichen.

«Mit CompactMix lancieren wir nicht nur eine neue Lösung, sondern ermöglichen es unseren Kunden auch, die Schokoladenproduktion neu zu denken. Von den Rohstoffen bis zum fertigen Produkt bietet Bühler die Technologie und das Know-how, um jeden Schritt des Prozesses zu unterstützen und den Kunden zu helfen, die Schokolade der Zukunft herzustellen – köstlich und erschwinglich», sagt Skeljzen Nesimi.

Bühler führt CompactMix ein – Präzision, Flexibilität und Energieeffizienz für köstliche Ergebnisse
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KI Werkzeug oder Wunderwaffe

Automatisierung
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IT-Sicherheit
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KI hält in Mühlen Einzug, verbessert Prozesse und Datennutzung, ersetzt den Müller jedoch nicht.
2025
11/4/2025
KI Werkzeug oder Wunderwaffe

M+M: Kann Künstliche Intelligenz menschliche Kreativität ersetzen?

Vidor Kapy: Zu dieser Frage verfolgte ich vor Kurzem eine spannende Diskussion auf einer Veranstaltung mit dem Songwriter Smudo von den Fantastischen Vier. Er meinte, er sei durch den Einsatz von KI sogar kreativer geworden. Er könne mit der KI Themen und Elemente kombinieren, die er vorher gar nicht zusammen gedacht hat. Am Ende braucht es aber immer noch seine eigene Kreativität, um daraus etwas Emotionales, Neues zu machen. Und genau das ist der Punkt: KI kann unterstützen oder inspirieren, sie kann auch kreativ Songs komponieren und Texte schreiben.

"Aber das Beste entsteht, wenn Mensch und KI zusammenarbeiten. Das nenne ich "Augmented Creativity" also erweiterte Kreativität", Vidor Kapy

M+M: Anders gefragt: Kann  KI etwas Neues erschaffen und innovativ sein?  

Vidor Kapy: Gute Frage. Man muss unterscheiden. Klassische KI, wie wir sie heute kennen - Machine Learning, Deep Learning, generative Sprachmodelle - funktioniert auf Basis vorhandener Daten. Es braucht immer bereits existierende Daten, um diese Modelle anzulernen, damit die Wahrscheinlichkeitsrechnung funktioniert. Wenn ich eine Frage stelle, bekomme ich mit hoher Wahrscheinlichkeit etwas, das ähnlich schon einmal da war. Also streng genommen nichts Neues. Aber jetzt nähern wir uns einer neuen Form: AGI, also Artificial General Intelligence. Das wäre dann nicht nur eine Imitation von Intelligenz, sondern ein System, das auch über nicht vorhandene Daten hinaus neue Ideen entwickeln kann. So weit sind wir aber noch nicht. Noch nicht. Aber das Ziel ist da. Und bis dahin können wir auf jeden Fall gemeinsam mit der KI neue Dinge erschaffen. In der Pharmaforschung sehen wir das schon: Simulationen mit der KI ersetzen viele Laborschritte, die früher mühsam von Menschen gemacht wurden. Heute erspart die KI viel Zeit und ermöglicht schneller Innovationen.

Bruno Bedin: Ich sehe das ähnlich. Kreativität im klassischen Sinne, also aus dem Nichts heraus etwas schaffen, das ist für KI eher schwierig. Aber sie kann helfen, Denkprozesse anzustoßen. Sie zeigt Möglichkeiten auf, erweitert Horizonte. Man kommt auf Ideen, die man allein vielleicht nicht gehabt hätte.

"Insofern: Kreativität als Impulsgeber, ja. Aber die Bewertung, das Bauchgefühl, das bleibt menschlich", Bruno Bedin

Vidor Kapy, CIO bei Bühler sieht bei der KI viele Vorteile. Die Antworten seien in der Regel sehr zuverlässig und erleichtern die Arbeit (Foto: Bühler Group).

M+M: Kommen wir zur Mühle. Wie "denkt" eine KI im Vergleich zum Müller? Und was verlangt sie von ihm, damit das Zusammenspiel klappt?  

Bruno Bedin: Eine KI arbeitet datenbasiert. Sie braucht klare Modelle und Messwerte, um Entscheidungen zu treffen. Damit das funktioniert, muss man ihr das notwendige Domänenwissen zur Verfügung stellen. Ohne dieses Hintergrundwissen – also das, was der Müller intuitiv weiß – funktioniert sie nicht sinnvoll.

Vidor Kapy: Ich drehe die Frage einmal um: Wie kreativ war der Müller bisher? Seine Kreativität lag vor allem in der Prozessoptimierung. Er weiß, welches Rohmaterial er hat, was er erreichen will und wie er die Maschinen darauf einstellt. Er spürt das Material, riecht es, lässt es durch die Finger rieseln. Das ist Erfahrungswissen. Aber wurde daraus etwas Neues geschaffen? Nein – es war Kreativität im Sinne von Optimierung. Eine KI mit diesen Daten kann natürlich diese Prozesse maschinell ebenso optimieren, dass am Schluss das Produkt entsteht, welches man haben möchte. Im Sinne von: „Ich möchte genau da hinkommen. Bitte richte mir alle Maschinen dafür aus." Aber die Intuition des Müllers ist noch nicht 1:1 übertragbar.

M+M: Heißt das also, wenn ich das Wissen eines Müllers digitalisiere – kann die KI ähnlich arbeiten wie er?

Vidor Kapy: Absolut, das ist denkbar. Wenn die Datenbasis groß genug ist, kann die KI sehr präzise und individuell reagieren. Und man könnte sogar die Eigenheiten einzelner Müller mit einbeziehen. Denn jeder hat ja seine Vorlieben, seine Gewichtung. Diese Individualität ließe sich abbilden.

Bruni Bedin: Das ist der Mühlenbetrieb im engeren Sinn. Aber drum herum gibt es viele andere Prozesse: Wann kaufe ich ein? Wann verkaufe ich? Wie bewerte ich Qualitäten oder Marktchancen? Also Trading, Rohstofflogistik, Lagerhaltung. Auch das kann man modellieren. Und wenn die KI dem Müller Routineaufgaben abnimmt, bleibt ihm mehr Zeit, um über neue Produkte nachzudenken oder über alternative Rohstoffe. Das ist wie bei Smudo: Der Müller bekommt Freiraum zum kreativen Ausprobieren.

M+M: Bleiben wir beim Thema Daten. Sind in Mühlen alle notwendigen Maschinendaten vorhanden? Im gesamten Prozess?

Vidor Kapy: Nicht flächendeckend, nein. Es braucht deutlich mehr Messpunkte als heute üblich. Und es braucht eine gemeinsame Sprache. Wenn man alle Maschinen von einem Anbieter bezieht, kann man leichter einheitlich arbeiten. Aber in der Praxis ist die Datenkompatibilität eine Herausforderung. Da braucht es Data Governance um Daten nutzbringend zu verwerten. In der "Smart Mill" haben wir von Anfang an auf Messdaten beispielsweise per Sensoren geachtet. Schon im Silo erfassen wir Feuchte, Temperatur oder Partikelgröße. Dann folgen Sensoren in jeder Prozessstufe, die teilweise direkt in die Maschinen integriert sind. Alles wird in der Anlagensteuerung orchestriert. Nicht jeder Prozess liefert alle Daten, aber die relevanten Punkte erfassen wir. Und die fließen in unsere Internet-oft-Things (IoT)-Plattform, wo die Telemetriedaten anonymisiert weiterverarbeitet werden. Daraus ergeben sich Optimierungsvorschläge.

"In der Smart Mill reguliert sich die Anlage selbst, so dass am Ende das gewünschte Produkt in der gewünschten Qualität herauskommt", Vidor Kapy

Bruno Bedin: Im Prinzip entsteht aus den Daten ein digitaler Agent – ein virtueller Müller. Und ja: Die Sensoren stecken nicht nur in den Maschinen, sondern auch in den Förderstrecken zwischen den Maschinen. Man erfasst also den gesamten Prozess.

M+M: Was passiert, wenn der Müller mehrere Standorte hat? Gibt jeder Standort seine Erkenntnisse - beispielsweise Wartungsintervalle oder Neues im Qualitätsmanagement - an die anderen Standorte weiter und braucht es dann pro Mühle weniger Mitarbeiter?

Vidor Kapy: Was wichtiger ist: Die Menschen, die heute in der Mühle arbeiten, bringen oft keine jahrzehntelange Erfahrung mehr mit. Die neue Generation will Maschinen nicht im Detail verstehen, sondern einfach bedienen. Und da kommt KI ins Spiel. Sie erlaubt einfache Schnittstellen. Also tendiert die Arbeit des Müllers bei der Maschine und Maschinensteuerung zum „Prompten“. Der Mitarbeiter sagt der KI welchen Rohstoff und welches Endprodukt er möchte. Die Anlage setzt es um. Das ist auch eine Antwort auf den Fachkräftemangel. Und man macht nicht mehr jeden Handgriff direkt an der Maschine, sondern vielleicht remote.  

M+M: Aber braucht man nicht noch speziellere Fachleute, etwa KI-Experten im Betrieb? Wo findet man die?

Vidor Kapy: Nein, das ist ein Missverständnis. Die Technologie muss so gestaltet sein, dass man keine Experten braucht. So wie ich mein Handy nutzen kann, ohne zu wissen, wie es programmiert wurde. Die Intelligenz steckt in der Maschine. Die wenigen Experten, die das Ganze bauen und warten, sitzen gebündelt beim Hersteller.

M+M: Das heißt aber auch: Ich gebe Daten ab. In eine Cloud. Ich verliere die Kontrolle. Wie sicher ist das?

Vidor Kapy: Es schafft eine gewisse Abhängigkeit. Absolut. Aber: KI bedeutet nicht zwingend Cloud. Viele Prozesse lassen sich offline abbilden, also on premise mit small language models ohne Vernetzung. Wir bei Bühler bieten beides an. Wenn wir von der Cloud sprechen, dann nur unter klaren Bedingungen. Punkt eins: Wir wollen keine Daten, die Geschäftsgeheimnisse verraten. Also keine Rezepturen, keine IP-kritischen Inhalte. Punkt zwei: Wir nehmen nur anonymisierte Telemetriedaten, um unsere Modelle zu verbessern. Und wir geben keine steuernden Befehle aus der Cloud zurück an die Maschine. Das wäre ein potenzielles Sicherheitsrisiko. Das wollen wir nicht in der Cloud haben. Das wäre ein viel zu großes Risiko. Data Leakage möchten wir unbedingt vermeiden.  

Bruno Bedin: Der Müller muss entscheiden, welchem Partner er vertrauen möchte. Das kann Bühler sein, das kann jemand anders sein. Er muss alles gut prüfen. Das machan wir von Bühler im Sinne von Cybersecurity übrigens bei unseren Lieferanten auch. Sie müssen bestimmte Normen erfüllen, müssen zertifiziert und auditiert sein. Es gibt bestimmte Standards, die müssen eingehalten werden. Unsere Cloud ist in Bezug auf Entwicklungs- und Betriebsprozesse ISO-27001-zertifiziert. Sie ist in Europa gehostet und Spezialisten kümmern sich kontinuierlich um die Sicherheitseinstellungen.  

Wenn ein Kunde trotzdem lieber alles intern machen will, geht das auch. Aber dann braucht er eigene Fachleute, eigene Infrastruktur, eigenes Monitoring. Er braucht eine gute Betriebsdatenerfassung, die alle Daten der Sensoren selber sammelt und die muss er auswerten können.  Er muss auf jeden Fall ein großes Level an Fachwissen haben. Also ein Müller mit einer KI-Affinität und guten Mitarbeitern könnte die On-Premise-Daten nutzen, um über Algorithmen seine Produktion zu verbessern. Das würde offline gehen. Aber wir haben zu so vielen Datenpunkten Zugriff und unsere Modelle sind wahrscheinlich in sich stimmiger und weiterentwickelter, als wenn jeder Kunde das für sich alleine herausfinden möchte. Theoretisch ist es aber machbar, wenn man sich das leisten möchte.  

Für Bruno Bedin, Leiter der Datensicherheit bei Bühler, sind gemeinsame Modelle in sich stimmiger, als wenn jeder Müller für sich alleine etwas entwickelt (Foto: Sabine Kemper).

Vidor Kapy: Ein Beispiel: Unsere SORTEX-Maschinen arbeiten völlig offline. Die optische Erkennung funktioniert mit Deep-Learning-Modellen direkt auf der Maschine. Aber wenn man das Modell verbessern möchte, dann braucht man neue Trainingsdaten. Dann kommt die Cloud wieder ins Spiel. Aber: Alles ist optional. Und aktuell vermeiden wir ganz bewusst, die prozessierten Cloud-Daten wieder in die Mühle zurückzuspielen. Das wäre eine Angriffsmöglichkeit, um sich von außen reinzuhacken. Das machen wir ganz bewusst nicht. Wir haben zwei Cloud-Partner für Kundendaten. Weltweit ist es Microsoft, die Datenverarbeitung ist nur in Europa. In China haben wir eine Partnerschaft mit Huawei-Cloud. China und Cross-Border-Data-Exchange ist schwierig für die chinesischen Kunden. Das sind zwei große Partner, die alles in Bewegung setzen, um Data Leakage zu vermeiden.  

M+M: Wie sieht der Einstieg in die KI für Mühlen konkret aus? Man bestellt ja keine KI - man hat ein Ziel, wie bessere Qualität oder höhere Erträge. Viele Anwendungen wie sensorbasierter Walzenwechsel sind schon Standard. Was muss noch dazukommen?

Bruno Bedin: Ganz konkret: Hat die Mühle eine Anlagensteuerung, würden wir dem Kunden raten die Systeme zu connecten, damit unsere Plattform Einblick bekommt in die Telemetriedaten. Das nennt sich “Bühler Insights”. Das ist eine hochstandardisierte IoT-Plattform, die sehr gut geschützt ist und allen gängigen Regulatorien entspricht. Dann muss der Kunde entscheiden, welche Cases er hat oder wo er sich verbessern möchte. Diese Daten sind die Grundlage um mit Algorithmen oder der KI Prozessanpassungen vorzuschlagen. Der Kunde erhält die Information, wie er optimieren kann. Das läuft meistens in Co-Innovationen ab und dann testen wir gemeinsam mit dem Kunden - Rapid Prototyping. Schritt für Schritt. Vieles sind aber bereits Standardlösungen, die aktiviert werden für die Prozessoptimierung. Beispielsweise sensorbasierter Walzenwechsel oder automatisierte Trocknungsprozessregelungen. Andere entwickeln wir gemeinsam mit dem Kunden. Und wenn es funktioniert, können wir daraus neue Standardlösungen machen.

M+M: Wird bald eine KI den Müller durch Reparaturen führen, sobald sämtliche Bedienungsanleitungen in die Systeme eingespeist sind? Und kann dank der Sprachkommunikation der Bediener bei einer Störung einfach die KI über eine App fragen, wie er vorgehen soll - ein Szenario, das den klassischen Kundensupport überflüssig machen könnte.

Vidor Kapy: Das war einer unserer ersten Anwendungsfälle. Wir wollten das Wissen aus unseren Bühler-Handbüchern so in ein KI-System einbinden, dass es nicht ins öffentliche Internet gelangt. Technisch nutzen wir dafür ein sogenanntes RAG-Modell. Damit können wir große Sprachmodelle wie ChatGPT einsetzen und gleichzeitig ausschließlich unsere eigenen Daten einspielen. So lassen sich Fragen in natürlicher Sprache stellen, die mit präzisen und referenzierten Antworten aus unseren Handbüchern beantwortet werden. Natürlich bleibt wichtig, dass der Mensch die Ergebnisse kritisch prüft. KI kann noch immer Fehler machen oder Inhalte halluzinieren. Doch unsere Erfahrungen zeigen: Die Antworten sind in der Regel sehr zuverlässig und erleichtern die Arbeit spürbar. Wir nutzen diese Anwendung im Moment noch für unsere internen Servicetechniker und Monteure. Und wollen es weiter testen, bis wir es dann rausgeben.  

Bruno Bedin: Wartung ist tatsächlich ein guter Einstieg. Deshalb haben wir bereits vor zwei Jahren begonnen, unsere Mitarbeitenden für die Grundlagen der KI zu sensibilisieren – von den historischen Entwicklungen bis hin zu Chancen und Risiken. Dieses Basiswissen ist entscheidend, um den Nutzen richtig einschätzen zu können. Für unsere Kunden heißt das konkret: Sie können ihre Anlagen künftig einfacher betreiben, indem sie qualifizierte Unterstützung in natürlicher Sprache erhalten, sei es von einem Mitarbeiter oder einem Chatbot. Zudem ermöglichen fundierte Datenanalysen Simulationen, die beispielsweise helfen, den Energieverbrauch einer Anlage deutlich zu senken. Voraussetzung bleibt jedoch eine hohe Datenqualität. Ohne sie liefert auch das beste Modell keine verlässlichen Ergebnisse.

"Sinnvoll ist es außerdem, zunächst in kleineren Bereichen anzusetzen. So lässt sich etwa die Rechnungsverarbeitung, Rechnungsprüfung oder Debitorenvalidierung mithilfe von KI automatisieren. Es muss nicht sofort der Hauptprozess in der Müllerei sein", Bruno Bedin

Vidor Kapy: Ein sehr guter Punkt. Genau nach diesem Prinzip haben wir unsere gesamte KI-Strategie ausgerichtet: Einerseits fragen wir uns, wie wir unseren Kunden helfen können, noch besser zu werden, andererseits, wie wir bei Bühler intern dank KI effizienter arbeiten.

M+M: Eine letzte Frage: Wenn man sich für einen Partner zur Datenauswertung entschieden hat, ist man dann für immer gebunden oder kann man jederzeit mit seinen Daten umziehen?  

Vidor Kapy: Wir von Bühler haben unsere Lösung so konzipiert, dass wir theoretisch auch zu einem anderen Hyperscaler wechseln könnten. Aber wie im privaten Bereich gilt: Hat man sich erst einmal an etwas gewöhnt, bleibt man meist dabei. Ein Wechsel erfolgt nur, wenn es wirklich notwendig ist.

Bruno Bedin: Wichtig ist, dass wir nach dem EU Data Act verpflichtet sind, die Rohdaten herauszugeben, wenn der Kunde es wünscht. Das sind Tabellen mit Parametern wie Temperaturen oder Laufzeiten. Ein anderes Unternehmen müsste dann allerdings das Auswertungswerkzeug nachbauen.

Bruno Bedin, Leiter der Datensicherheit und Vidor Kapy, Chief Information Officer (CIO) bei Bühler AG (Foto: Sabine Kemper).
KI Werkzeug oder Wunderwaffe
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Spitzentechnologie bei Vitafort im A–Z Plant 4.0

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Vitafort betreibt in Dabas ein hochmodernes Werk, das präzise Futtermittel produziert und Rückverfolgbarkeit sichert.
2025
11/4/2025
Spitzentechnologie bei Vitafort im A–Z Plant 4.0

Wir lassen die Metropole Budapest hinter uns und fahren gen Süden. Die Landschaft wird zunehmend weit und leer. Hoch steht die Sonne über der ungarischen Tiefebene, als wir das Werkstor von Vitafort in Dabas passieren. Das Betriebsgelände umfasst elf Hektar und beherbergt das neue „A–Z Plant 4.0“. Eines der modernsten Futtermittelwerke Mittel- und Osteuropas produziert hier seit fast einem Jahr nahezu im Volllastbetrieb. Heute feiert Vitafort beim landesweiten Partnertreffen seine bisher größte Investition. Vertreter aus Politik, Fachverbänden und der Wirtschaft sind gekommen.

Wassermanagement war ein Hauptthema auf dem Partnertreffen von Vitafort.
Staatssekretär Dr. József Viski ist für Förderprogramme verantwortlich und ein wichtiger Ansprechpartner – nicht nur für Journalisten.  

Auf der Bühne begrüßt Generaldirektor Zoltán Kulik die Gäste. Er spricht über Wassermanagement, landwirtschaftliche Stoffkreisläufe und die Verantwortung seines Unternehmens, das mehr als ein Viertel der Futtermittelversorgung Ungarns koordiniert. Während alle feiern, beginnen wir unseren Rundgang entlang der neuen Hochbau-Silhouette. Neun Ebenen ragen fast 40 Meter in den Himmel. Auf rund 6.700 m2 ist modernste Technik installiert. Nach eigenen Angaben produziert Vitafort heute jährlich mehr als 1,5 Mio. t  Mischfutter-Äquivalent und beschäftigt am Standort etwa 190 Mitarbeiter. Dr. György Koppány, wissenschaftlicher Direktor von Vitafort, begleitet uns zum Aufzug und erläutert den Aufbau der computergesteuerten Produktion. Im Inneren arbeiten drei Linien mit Mischern unterschiedlicher Größe und Rotorgeometrie für Futtermittel, Konzentrate und hochkonzentrierte Premixe. Die Nennleistung beträgt zusammen rund 30 t pro Stunde – das entspricht einer Kapazität von über 3 Mio. t Vollfutter-Äquivalent, wenn die spätere Verdünnung beim Kunden mitgerechnet wird.

Aufs Gramm genau

Die Roh- und Zusatzstoffe werden in insgesamt 144 Silos mit einem Gesamtvolumen von 1.000 m³ bevorratet: Makrosilos für Getreide und mehlartige Stoffe sowie Mikrosilos für Wirkstoffe und Spurenelemente. Jedes Silo ist gekennzeichnet, um den eingelagerten Stoff zu identifizieren und seine spätere Verwendung nachzuverfolgen.

Aus den vielen Komponentensilos lassen sich täglich 60 bis 80 verschiedene Fertigprodukte mischen, pelletieren und verpacken.

Die Technologielinie für Ergänzungsfuttermittel bzw. Fertigfutter und die Premix-Linie arbeiten als zwei voneinander unabhängige Linien. Gemeinsames Prinzip: Die für eine Mischcharge benötigten Komponenten werden von computergesteuerten Waagen verwogen. Die verwogenen Stoffe werden anschließend automatisch von beweglichen Containern aus den Waagetrichtern übernommen und zu den Mischaggregaten transportiert. Sobald die Leitwarte einen Auftrag freigibt, ruft das Prozessleitsystem automatisch die zugehörige Rezeptur auf, und die Produktion kann starten. Bei beiden Produktionslinien befinden sich die Dosiereinheiten unter den Mikrozutatsilos.

In der Premix-Linie fördern sie die Einzelkomponenten auf vier separate Waagen. Deren Nennlasten betragen 1.500 kg, 200 kg sowie zweimal 100 kg. Die Wägegenauigkeiten liegen bei 1,5 kg, 40 g bzw. 20 g. In der vierten 100-kg-Waage ist zusätzlich eine spezielle 5-kg-Feinwaage integriert, sie ist bis auf zwei Gramm genau. Unter Steuerung der Prozesssoftware arbeiten alle vier Waagen parallel und dosieren die für eine Mischcharge benötigten Komponenten aus den jeweiligen Silos. Die in den Waagetrichtern verwogenen Stoffe sammelt ein computergesteuerter, beweglicher Container ein und fährt über den Mischer. Nach hermetischem Andocken gibt er die komplette Chargenmenge in das Mischaggregat frei. Koppány zeigt auf den Schnellmischer. Er arbeitet mit Schaufelmischelementen, mischt pro Zyklus 400 bis 1.000 kg und erreicht in rund 90 Sekunden eine homogene Mischung (Variationskoeffizient ≤ 3,6 %). Ein rückstandsfreies Entleersystem verhindert Produktreste im Mischer. Eine komplette Charge ist in der Regel nach 8 bis 12 Minuten fertig. Für pelletierte Produkte betreibt Vitafort drei Pelletierlinien mit einer installierten Gesamtleistung von ca. 25 t pro Stunde. Bruch und Feinanteile werden kontrolliert in den Prozess zurückgeführt, bis die Kornverteilung passt. Der Materialfluss verläuft vom Mischer bis zur Abfüllung in einem geschlossenen System.

Dr. György Koppány unterstützt Ádám Csontos vom Julia-Mühle-Team bei der Herstellung von Kleie-Pellets.

So werden Verwechslungen und Kreuzkontaminationen verringert. Absauganlagen mit Filtern erfassen entstehenden Staub und führen die gereinigte Luft zurück. Am Ende stehen Sacklinien für verschiedene Gebindegrößen: Die Abfüllung in unterschiedliche Sackformate oder Big Bags sowie alternativ Schüttverladung in Silofahrzeuge. Ein programmierbarer Palettierer übernimmt das Stapeln, abschließend sichert eine Folienwickelmaschine die Palette für Transport und Lagerung. Während der Sackabfüllung erfolgt eine Bildverifikation sowie eine Kontrollverwiegung. Die Identifikation per Barcode begleitet das Produkt bis zur Verladung.

Qualitätskontrolle, Labor und Leitwarte

Die Qualitätskontrolle prüft jede eingehende Rohstoffcharge. Für die Wareneingangskontrolle nutzt das Team Schnell-Screenings wie Feuchtemessung und Mykotoxin-Schnelltests.  Mikrobiologische Routinetests sichern die Hygiene. Unterstützt wird die Abteilung von einem gut ausgestatteten chemischen Labor. Neben der Verifizierung der deklarierten Nährwerte ermöglicht es Analysen auf unerwünschte Kontaminanten, wie toxische Elemente, Schwermetalle sowie auf Mykotoxine mittels instrumenteller Verfahren. Das Labor ist seit 1998 als Prüflabor zertifiziert. Dr. György Koppány führt uns in die Leitwarte. Auf neun Bildschirmen überwacht das Team Materialströme, Dosierwaagen, Mischzyklen, Freigaben sowie die wichtigsten Kennzahlen. „Wir koppeln die Anlagensteuerung mit dem ERP-System. Chargenidentität, Rückverfolgbarkeit und Sperr-/Freigabe-Workflows laufen in Echtzeit“, erklärt der Direktor. Mit seinem integrierten Unternehmenssystem bündelt Vitafort Produktionsplanung, Qualitätskontrolle inklusive Laborfreigaben, Instandhaltung mit präventiven Eingriffen sowie die Logistik vom Wareneingang bis zum Versand. Ziel sind vermeidbare Stillstände, höhere reproduzierbare Ausbringung und konstante Qualität.

Der Leitstand ist die Schaltzentrale der Anlage.

Drehscheibe für Getreide

Die Geschichte von Vitafort reicht bis 1981 zurück. Der Standort in Dabas südlich von Budapest hat sich seither zu einem industriellen Knotenpunkt entwickelt. Das neue Werk „A-Z Plant 4.0“ wurde 2023 fertiggestellt. Das Investitionsvolumen lag bei über sieben Mrd. Forint (rund 18 Mio. Euro) bei einem Förderanteil von 33 %. „Unser Ziel war es, die Wertschöpfung vom Premix bis zum Alleinfuttermittel an einem Standort zu bündeln“, skizziert Generaldirektor Zoltán Kulik die Beweggründe. Noch wichtiger war ihm, eine kosteneffiziente, moderne Produktion aufzubauen, die umfassende Rückverfolgbarkeit gewährleistet und qualitativ auf Exportmärkte zielt.

Vitafort plant in naher Zukunft 700 Mio. Forint in Verpackung, Logistik, Lager und Infrastruktur zu investieren, um die Transportprozesse effizienter zu gestalten und Kunden im Umkreis von 700–800 km zu beliefern.

Nach der Werksbesichtigung wechseln wir ins Veranstaltungszelt. Dort eröffnet gerade die Tanzgruppe Badora das Nachmittagsprogramm. Am Vormittag standen Podiumsgespräche und Fachvorträge auf dem Plan. Hauptthema war die Wasserbewirtschaftung, denn die Region verzeichnet seit Jahren Niederschlagsmengen unter dem Durchschnitt der vergangenen Jahrzehnte. Csaba Gyuricza, Rektor der Ungarischen Universität für Agrar- und Biowissenschaften, beleuchtet das Thema aus wissenschaftlicher Perspektive. Levente Balogh, Eigentümer des Mineralwasserunternehmens Szentkirályi und bekannter Investor, stellt sein neues Buch vor. Gábor Rakonczay, Extremsportler und zweifacher Weltrekordhalter, verleiht der Veranstaltung eine persönliche Note. Der Ansatz von Vitafort: Futtermittel so anpassen, dass der Wasserbedarf der Tiere sinkt und sie Hitzestress besser bewältigen. Kulik fasst den Kern zusammen: „Wasserwirtschaft funktioniert erst wirklich, wenn Tier, Futter und Prozess im Einklang sind.“

Von Amerika bis Asien

Die Vitafort-Gruppe umfasst acht Unternehmen mit 400 Beschäftiten und erzielte im vergangenen Jahr einen Umsatz von 150 Mio. US-Dollar. Vitafort war das erste Unternehmen der Branche in Ungarn, das in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde. An der nicht börsennotierten Aktiengesellschaft hält der US-Konzern Archer Daniels Midland (ADM) 33 %. Zoltán Kulik betont die starke operative Steuerung am Standort Dabas. Strategische Entscheidungen trifft der Aufsichtsrat bzw. Vorstand. Die Partnerschaft unterstützt die Rohstoffbeschaffung, den Transfer von Forschung und Entwicklung und die internationale Präsenz. Der Generaldirektor nimmt sich Zeit für das Interview und spricht ruhig in seinem Ledersessel. An den Wänden hängen Hirschgeweihe. „Im Westen geht man zu Geschäftstreffen golfen, in Ungarn geht man jagen“, erklärt er die Dekoration.

Ádám Csontos (Julia-Mühle), Dr. György Koppány und Zoltán Kulik, Generaldirektor der Vitafort Zrt. im Interviewtermin.

Kuliks Blick reicht längst über Europa hinaus. Neben den inländischen Tochtergesellschaften betreibt die Gruppe weitere Unternehmen im Ausland. Die ebenfalls in Dabas ansässige, exportorientierte Vitafort Agro Asia Zrt. konzentriert sich u. a. auf die Exportmärkte in Asien und Afrika. Außerdem gibt es Tochtergesellschaften in Moldau und Rumänien. In Tschad plant Vitafort in Zusammenarbeit mit der dortigen Regierung den Aufbau der größten Kamelzucht Afrikas, einschließlich der Verarbeitung von Kamelmilch. In Kenia begleitet Vitafort ein Aquakultur-Projekt mit einem Investitionsrahmen von rund 10 Mio. US-Dollar. Kooperationen bestehen zudem in Pakistan, Laos und Kambodscha. Aquakultur ist für Vitafort wichtig: Fischfutter zeichnet sich durch kurze Produktionszyklen und hohe Verwertbarkeit aus – das senkt den ökologischen Fußabdruck. Für die Zukunft erwartet Kulik Ernährungsweisen mit einem verbesserten Verhältnis von Rohfaser zu Protein.

Zoltán Kulik,Generaldirektor der Vitafort Zrt., hat die Märkte in Asien und Afrika fest imBlick. 

Er verweist auf den Proteinmangel in vielen Regionen. Auf der Rohstoffseite bleibt der Generaldirektor pragmatisch: Entscheidend ist der planbare Zugang zu qualitativ konstanten Komponenten. Im neuen Werk verringert die hohe Zahl an Komponentensilos die Umrüstzeiten und ermöglicht Anpassungen an unterschiedliche Erntequalitäten. Kulik legt großen Wert auf Nachhaltigkeit mit dem Fokus auf Wasserwirtschaft, Energie und regionale Wertschöpfung. Vitafort installiert derzeit Photovoltaikanlagen. Weitere Projekte zur Steigerung der Energieeffizienz befinden sich in Vorbereitung.

Die Köche haben schon früh am Morgen die Suppenküche angeheizt. Ungarisches Gulasch muss stundenlang kochen.

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Dänischer Bio-Marktbericht 2025 zeigt dem Handel Wege aus der Stagnation

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Wie strategische Sortimentsgestaltung und neue Zielgruppen Bio-Wachstum ermöglichen sollen.
2025
11/4/2025
Dänischer Bio-Marktbericht 2025 zeigt dem Handel Wege aus der Stagnation

Die Ergebnisse der Studie waren für Organic Denmark Anlass, die gesamte Wertschöpfungskette zu einem Branchentreffen bei Bio-Produzent Axel Månsson zusammenzubringen. Unter dem Titel "Die Rolle der Ökologie bei der Mahlzeit der Zukunft" diskutierten Vertreter führender Handelsketten, Erzeuger und Wissenschaftler die zentralen Erkenntnisse und entwickelten gemeinsam Handlungsempfehlungen für die Praxis.

Wertschöpfungskooperation als Grundpfeiler des dänischen Erfolgs

"Formate wie dieses, in denen Teilnehmer entlang der gesamten Bio-Wertschöpfungskette gemeinsam Ideen entwickeln, sind ein Grundpfeiler des dänischen Erfolgsmodells", betont Dennis Hvam, International Market Director bei Organic Denmark. "Diese kollaborative Herangehensweise ermöglicht es, schnell auf Marktveränderungen zu reagieren und gemeinsame Lösungen zu entwickeln."

Denn eine zentrale Erkenntnis des Berichts: Die Herausforderungen – Preissensibilität nach der Inflation, Sortimentsreduktionen, neue Zielgruppen erschließen – erfordern abgestimmte Strategien entlang der gesamten Lieferkette.

Vier Haupttreiber für nachhaltiges Wachstum

Als zentrale Hebel, um Bio-Märkte nachhaltig zu entwickeln, wurden identifiziert:

Das "Silver Segment" als Stabilitätsanker Konsumenten ab 55 Jahren entwickeln sich zum verlässlichsten Bio-Segment. Mit höherer Kaufkraft und geringerer Preissensibilität als jüngere Zielgruppen bieten sie enormes Potenzial – werden aber von nur 15% der Marken strategisch adressiert. Die dänischen Daten belegen: Diese Gruppe hielt während der Inflationskrise ihren Bio-Konsum stabil oder steigerte ihn sogar.

"Meal Mindset" statt "Category Mindset" Der Report empfiehlt Händlern einen strategischen Paradigmenwechsel: Statt Produkte isoliert nach Kategorien zu denken, sollten Sortimente so gestaltet sein, dass Kunden für komplette Mahlzeiten alle Bio-Zutaten in einem Geschäft finden. Dieser Ansatz verhindert Sortimentsreduktionen, stärkt die Kundenbindung und positioniert den Handel als Lösungsanbieter statt reiner Produktverkäufer.

Eigenmarken und Premium-Partnerschaften parallel entwickeln Der Report dokumentiert einen klaren Trend: Der Index für Bio-Eigenmarken stieg seit 2021 auf 102, während Markenprodukte auf 78 fielen. Erfolgreiche Handelsketten zeigen jedoch, wie Bio-Eigenmarken Marktanteile gewinnen, ohne Premium-Segmente zu kannibalisieren. Der Schlüssel: authentische Partnerschaften mit regionalen Erzeugern, die Eigenmarken eine glaubwürdige Geschichte verleihen.

Discount als Wachstumsmotor Der Discount-Sektor generiert in Dänemark über 50% des Bio-Umsatzes und macht Bio einer breiteren Masse zugänglich. Die Analyse zeigt: Dies treibt das Gesamtmarktwachstum an, ohne einen Preisverfallsmechanismus auszulösen. Entscheidend ist eine klare Sortimentsstrategie mit fokussierten Eigenmarken bei hoher Qualität.

Wissenschaftliche Fundierung erhöht Zahlungsbereitschaft

Die Integration wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Marktkommunikation erwies sich als ein weitere Erfolgsfaktor. Eine Toxikologie-Professorin der Universität Kopenhagen präsentierte beim Branchentreffen klare Forschungsergebnisse: "Es ist gut für die Gesundheit einer Gesellschaft, Pestizide zu vermeiden." Der Report liefert konkrete Zahlen: Während nur 1,9% der verkauften Erdbeeren bio sind, enthalten 94% der konventionellen Importware Pestizidrückstände. "Wenn diese Information am Point of Sale klar kommuniziert wird, verändert sich die Kaufentscheidung fundamental", so Hvam.

Erkenntnisse für internationale Märkte nutzbar

Mit Deutschland als wichtigstem Absatzmarkt für dänische Bio-Produkte – 49% der Exporte gehen dorthin – sind die Erkenntnisse des Reports von besonderer Bedeutung.

"Wir diskutieren diese Ansätze und Umsetzungsmöglichkeiten aktiv mit dem deutschen Handel und passen sie an lokale Marktgegebenheiten an. Dadurch entstehen Strategien, die von der Erzeugung bis zum Regal konsistent umgesetzt werden können", erklärt Hvam. "Diesen Wissenstransfer haben wir bereits erfolgreich in verschiedenen Märkten realisiert."

Der jährliche Organic Market Report analysiert Verkaufszahlen, Konsumentenverhalten und Handelsstrategien im dänischen Bio-Markt. Mit einem Marktanteil von 11,6% und einem Umsatz von 16 Milliarden DKK (ca. 2,1 Mrd. Euro) zählt Dänemark zur führenden Bio-Nation Europas.

Dänischer Bio-Marktbericht 2025 zeigt dem Handel Wege aus der Stagnation
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Bessere Backergebnisse mit optimierten Mehlen

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Proteingehalte und damit einhergehend Klebergehalte von Weizenmehlen und Dinkelmehlen sinken seit einigen Jahren.
2025
11/3/2025
Bessere Backergebnisse mit optimierten Mehlen

Aktuelle Daten aus dem Jahr 2025 deuten jedoch erstmals auf eine Trendwende hin. Geringere Klebergehalte können schwächere Backeigenschaften zur Folge haben – insbesondere bei anspruchsvollen Teigführungen wie der Kälteführung. Standardanalysen in der Mehlprüfung liefern dabei nicht immer zuverlässige Rückschlüsse auf das Backverhalten; hier spielt auch die Kenntnis der verwendeten Getreidesorten eine entscheidende Rolle. Mehrjährige Untersuchungen belegen zudem sortenspezifische Unterschiede von „Praxismehlen“ in weiteren Qualitätsparametern. Exemplarisch werden Ergebnisse zu Ergotalkaloiden und Asparagingehalten vorgestellt. Um auch kleberschwächere Mehle erfolgreich einsetzen zu können, ist eine enge Zusammenarbeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette notwendig – vom Züchter über den Landwirt bis hin zur Mühle und zum Bäcker. Entscheidend ist nicht nur die Frage, wie viel Stickstoff eine Getreidesorte aufnehmen kann, sondern auch, ob das gebildete Protein die gewünschte Backqualität liefert. Backversuche aus dem Hause IREKS zeigen, welchen Einfluss verschiedene Zutaten auf Mehle mit schwächerer Qualität haben können. Dabei werden sowohl Möglichkeiten als auch Grenzen der Verarbeitung aufgezeigt. Gleichzeitig wird deutlich, wie nachteilig sich eine fehlende Kommunikation über die Mehlbehandlung auswirken kann. Letztlich stellt sich die Frage, welche Anforderungen Mehle für unterschiedliche Backprozesse erfüllen müssen und in welcher Menge und Qualität Protein dafür notwendig ist. In der Praxis wäre hierfür eine gezieltere Steuerung der Qualitätsströme und eine konsequentere Sortentrennung erforderlich – was jedoch oftmals schwer umzusetzen ist.

Feuchtklebergehalte können mit schwächeren Backeigenschaften einhergehen, insbesondere wenn anspruchsvolle Teigführungen (Kälteführung) genutzt werden. Anhand von systematischen Untersuchungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette wird aufgezeigt, dass der Feuchtkleber- bzw. Proteingehalt kein alleine geeignetes Kriterium ist, um die Backqualität zu charakterisieren. Hierbei erlebt man häufig große Überraschungen, wenn mehlanalytische Standard-Eingangskontrollen mit Backergebnissen korreliert werden.

Mehrjährige Untersuchungen sortenreiner Dinkelmehle aus dem Anbaugebiet der Vertragslandwirte der IREKS zeigen deutlich, dass es sortenspezifische Unterschiede in der Backqualität gibt. Es ist also wesentlich, dass in der Wertschöpfungskette nicht die Sorteninformation verloren geht und durch eine mehlanalytische Information der Partie ersetzt wird. Um künftig auch mehr kleberschwache Mehle einzusetzen, ist daher ganz wesentlich, dass die gesamte Wertschöpfungskette vom Züchter, über den Landwirt, bis hin zur Mühle und dem Bäcker zusammen kommt und wesentliche Qualitätskriterien bestimmt. Hierbei ist es nicht nur erforderlich zu erforschen, wieviel Stickstoff eine Getreidesorte aufnimmt, sondern auch zu verstehen, ob das gebildete Protein qualitativ zu den gewünschten Ergebnissen führt. Alternativlos ist demnach die Frage zu stellen, für welche Prozesse welche Anforderungen an Mehle gestellt werden und wieviel Protein in welcher Qualität für den entsprechenden Prozess erforderlich sind. In dem Zusammenhang ist auch wichtig zu wissen, welche negativen Eigenschaften entsprechende Getreidesorten haben und wie sich diese im Prozess auswirken. Die Frage nach dem freien Asparagin in Prozessen, in denen viel Acrylamid entstehen kann ist also auch eine wesentliche Anforderung an Getreide bzw. Mehl – nicht nur weil Grenzwerte für Acrylamid in Backwaren in Diskussion sind. Hierbei spielen auch wieder mehrere Faktoren wie Sorte, Boden, Dünger und Wetter eine Rolle.
Da in der täglichen Praxis ein gezieltes Steuern der Qualitätsströme entlang der gesamten Wertschöpfungskette häufig schwierig ist und der Bäcker somit auch mit saisonal schwankenden Mehlqualitäten zu kämpfen hat, stellt sich die Frage welche Möglichkeiten der Bäcker als letztes Glied der Wertschöpfungskette hat, Backwaren in gleichbleibend sehr guter Qualität herzustellen. Hier werden einige Möglichkeiten von Zutaten aufgezeigt, deren Wirkung und Wirkmechanismus – insbesondere bezogen auf Mehle mit niedrigen und schwankenden Proteingehalten. Dazu wurden im Hause IREKS verschiedene Backversuche mit Weizenmehlen unterschiedlicher Qualitätsklassen durchgeführt, um Lösungsansätze zu finden.

Bessere Backergebnisse mit optimierten Mehlen
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Strategische Anwendung von Magnetseparatoren in der Getreideverarbeitung und Müllerei

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In der modernen Getreideverarbeitung und Müllerei ist die Kontrolle über Verunreinigungen ein grundlegender Faktor.
2025
11/3/2025
Strategische Anwendung von Magnetseparatoren in der Getreideverarbeitung und Müllerei

Eine oberflächliche Betrachtung sieht in Verunreinigungen lediglich ein operatives Problem; eine strategische Analyse erkennt jedoch die potenziell katastrophalen Auswirkungen auf die Marke, die Lieferkette und die Rentabilität. Magnetseparatoren sind in diesem Kontext kein optionales Zubehör, sondern ein unverzichtbares, robustes und hochgradig kosteneffizientes Werkzeug zur präventiven Risikominimierung. Sie schützen nicht nur teure Maschinen vor irreparablen Schäden und verhindern ungeplante Produktionsausfälle, sondern sind auch die erste und oft entscheidende Verteidigungslinie zur Gewährleistung der Produktsicherheit und zur Einhaltung internationaler Qualitätsstandards. Die Investition in die richtige Magnetseparationstechnologie führt durch die Vermeidung von Maschinenreparaturen, Stillstandzeiten und kostspieligen Rückrufaktionen zu einem nachweislich schnellen Return on Investment (ROI).

Die unaufhaltsame Relevanz der Fremdkörperkontrolle in der modernen Müllerei

Die Herausforderung: Quellen und Risiken metallischer Verunreinigungen

Die Getreideverarbeitung ist ein komplexer Prozess, der eine Vielzahl von Gefahren für die Produktreinheit birgt. Fremdkörper können aus unterschiedlichsten Quellen in den Materialstrom gelangen. Typische Verunreinigungen sind nicht nur organische Stoffe wie Holzstücke oder Reste von Pflanzenstängeln, sondern auch anorganische Partikel wie Steine und vor allem metallische Verunreinigungen. Letztere entstehen häufig durch den natürlichen Abrieb von Maschinenteilen und Walzen oder stammen von Werkzeugen und Komponenten, die versehentlich in den Prozess geraten sind. Diese metallischen Rückstände, ob als grobe Teile wie Schrauben und Muttern oder als mikroskopisch kleiner Abrieb, sind in den Schüttgütern oft unsichtbar und schwer zu detektieren.

Die Gefährdung, die von diesen Fremdkörpern ausgeht, ist zweifacher Natur. Einerseits besteht eine direkte Gefahr für die Produktionsanlagen. Selbst kleinste Metallpartikel können teure Aggregate wie Walzenstühle, Förderbänder oder Zerkleinerungseinheiten irreparabel beschädigen und so ungeplante, kostspielige Stillstandzeiten verursachen. Der Maschinenschutz ist in dieser Phase von entscheidender Bedeutung. Andererseits stellt das Vorhandensein von Metallpartikeln im Endprodukt ein erhebliches Risiko für die Endverbraucher dar und kann zu ernsthaften gesundheitlichen Schäden führen.

Über diese unmittelbaren Gefahren hinaus offenbart eine ganzheitliche Betrachtung eine tiefere, strategische Dimension der Fremdkörperkontrolle. Ein Versagen in der Verunreinigungsbeseitigung führt nicht nur zu direkten Kosten für Reparaturen und Produktrückrufe , sondern auch zu einem nachhaltigen Vertrauensverlust bei Kunden und Handelspartnern sowie potenziellen rechtlichen Konsequenzen. Die Wahrung der Markenintegrität und die Einhaltung internationaler Standards wie IFS und BRC sind daher strategische Notwendigkeiten, die eine effiziente und zuverlässige Fremdkörperkontrolle zur unerlässlichen Investition machen.

Einsatzzweck: Fundament für Produktsicherheit und Markenschutz

Strategische Positionierung von Magnetseparatoren in der Prozesskette

Eine effektive Strategie zur Kontrolle von Verunreinigungen in der Müllerei basiert auf einem mehrstufigen Ansatz. Magnetseparatoren werden nicht nur an einer einzigen Stelle, sondern an mehreren kritischen Punkten des Prozesses platziert, um eine gestaffelte und umfassende Abscheidung zu gewährleisten. Die primäre Separation findet in der Regel am Anfang des Prozesses statt, beispielsweise bei der Materialannahme. Das Hauptziel ist hier die Entfernung von großem Fremdmetall wie Schrauben, Nägeln oder Bolzen, das als "Tramp Metal" bezeichnet wird. Diese Platzierung schützt nachgelagerte und besonders sensible Maschinen vor Schäden und verhindert potenziellen Funkenflug, der Brände auslösen könnte. Die sekundäre Separation zielt auf die Entfernung ultrafeiner Partikel ab, die im Prozess durch Abrieb entstehen und oft unsichtbar sind. Diese Separationssysteme werden an kritischen Kontrollpunkten (HACCP-Punkten) in der Mitte oder am Ende der Produktionslinie installiert, um die finale Produktreinheit zu garantieren, bevor das Material verpackt wird.

Gewährleistung der Produktsicherheit und -reinheit

Die Implementierung von Magnetseparatoren ist ein essenzieller Bestandteil von Qualitätsmanagementsystemen. Sie sind entscheidend für die Einhaltung international anerkannter Standards wie HACCP (Hazard Analysis and Critical Control Points), IFS und BRC. Ihre gezielte Installation an identifizierten kritischen Kontrollpunkten ist für die Zertifizierung und die Absicherung der Lieferkette unerlässlich. Indem sie das Risiko von Metallverunreinigungen minimieren, tragen Magnetseparatoren wesentlich dazu bei, die hohen Sicherheits- und Qualitätsanforderungen der Verbraucher und Handelspartner zu erfüllen. Eine zuverlässige Abscheidung schützt nicht nur die Endkonsumenten, sondern stärkt auch das Vertrauen in die Marke und reduziert das Risiko von Produktrückrufen, die das Image nachhaltig schädigen können.

Die Synergie zwischen Magnetseparatoren und Metalldetektoren

Ein weit verbreitetes Missverständnis ist, dass Metalldetektoren und Magnetseparatoren gegeneinander ausgespielt werden sollten. Tatsächlich ergänzen sich diese beiden Technologien ideal in einer umfassenden Sicherheitsstrategie. Während ein Metalldetektor das Vorhandensein von metallischen Verunreinigungen (sowohl eisenhaltige als auch nicht-eisenhaltige Metalle) lediglich erkennt und die Ausschleusung veranlasst , entfernt ein Magnetseparator ferromagnetische und paramagnetische Partikel physisch aus dem Materialstrom. Eine oberflächliche Betrachtung könnte suggerieren, dass man sich für eine der beiden Lösungen entscheiden muss. Eine tiefere Analyse zeigt jedoch ihre Komplementarität. Magnetseparatoren sind wesentlich robuster, wirtschaftlicher und extrem effektiv bei der Abscheidung feinster Eisenpartikel (bis 30 µm), die von vielen herkömmlichen Freifall-Detektoren übersehen werden. Sie sind daher ideal für den Schutz von Maschinen und die kontinuierliche Beseitigung von Abrieb. Metalldetektoren sind ihrerseits unerlässlich, um auch nicht-eisenhaltige Metalle wie Aluminium oder Messing zu identifizieren, die von Magneten nicht angezogen werden. Die effizienteste und sicherste Strategie kombiniert daher beide Technologien: Magnetseparatoren für den Massenstromschutz und die Entfernung kleinster Eisenpartikel ohne Gutmaterialverlust, gefolgt von einem Metalldetektor für die finale Kontrolle auf alle Metallarten kurz vor der Verpackung.

Funktionsweise und Technologie der Magnetseparation

Grundprinzipien der magnetischen Abscheidung

Das physikalische Prinzip der Magnetseparation beruht auf der Nutzung der Anziehungskraft eines starken Magnetfeldes. Ein Magnetseparator erzeugt ein solches Feld, durch das der Materialstrom geleitet wird, um ferromagnetische Materialien wie Eisen und Stahl abzuscheiden. Je nach der Stärke und dem Design des Magnetfeldes können auch schwach magnetisierbare (paramagnetische) Partikel erfasst werden. Die Effizienz der Abscheidung hängt maßgeblich von der Magnetfeldstärke (gemessen in Gauß oder Tesla) und der Tiefe des Feldes ab. Moderne Magnetsysteme bieten Feldstärken von bis zu 12.000 Gauß an der Produktberührenden Oberfläche.

Magnetmaterialien und ihre spezifischen Eigenschaften

Die Wahl des Magnetmaterials ist entscheidend für die Leistungsfähigkeit des Separators. Zwei Materialien dominieren den Markt: Neodym-Eisen-Bor (NdFeB): Neodym-Magnete zählen zu den stärksten Permanentmagneten der Welt. Sie können Magnetfeldstärken von bis zu 12.000 Gauß an der Oberfläche erreichen und sind daher ideal für die Abscheidung selbst kleinster Eisenpartikel. Ein wesentlicher Aspekt ihrer Anwendung ist jedoch ihre Temperaturempfindlichkeit. Standard-Neodym-Magnete verlieren ihre Magnetisierung bei Temperaturen über 80°C. Ferrit-Magnete: Diese Magnete sind eine wirtschaftlichere Alternative mit einer geringeren Anziehungskraft von etwa 4.000 Gauß. Ihr entscheidender Vorteil ist jedoch ihre hohe Temperaturbeständigkeit, die bis zu 220°C erreichen kann. Eine oberflächliche Empfehlung würde immer die Verwendung des stärksten Magneten (Neodym) vorschlagen. Ein vertieftes Verständnis der Anwendung erfordert jedoch die Berücksichtigung der Umgebungsbedingungen. Prozessschritte in der Müllerei, die mit Heißluft arbeiten, können Temperaturen über 80°C erreichen, was zur Entmagnetisierung eines ungeeigneten Neodym-Magnets führen würde. Die Wahl des Materials muss daher zwingend unter Berücksichtigung der Prozesstemperatur erfolgen, da dies über den Erfolg oder den vollständigen Funktionsverlust des Systems entscheidet.

Einfluss der Magnetanordnung und mechanischer Komponenten auf die Ausscheideeffizienz

Ein weiterer wichtiger Aspekt für die Ausscheideeffizienz eines Magnetseparators ist die Dimensionierung der magnetischen Komponenten. So kann etwa durch die Auswahl der Dimension der Magnetringe und Polscheiben eines Magnetstabes wesentlich die Feldtiefe und damit die Ausscheidesicherheit beeinflusst werden. Daneben spielen auch z.B. die Wandstärke des Hüllrohres einen wesentlichen Faktor für die an der Magnetoberfläche anliegende Magnetstärke. Durch die so erzeugte Feldtiefe wird der Abstand zwischen den einzelnen Magnetstäben bestimmt um kein Todfeld entstehen zu lassen.

Vergleichende Übersicht der Magnetseparatoren-Typen für die Müllerei. Die Bauform des Separators muss optimal an den Materialfluss angepasst sein, um die Effizienz zu maximieren. Im Folgenden sind die gängigsten Typen in der Getreideverarbeitung und Müllerei aufgeführt:

Magnetgitter / -stäbe

• Bestehen aus mehreren magnetischen Stäben, die direkt in den Materialstrom (Rohrsysteme) platziert werden. Ideal für rieselfähige Schüttgüter.

• Hohe Abscheideeffizienz für feine Abriebe bis 30 µm; hygienische Bauweise, oft mit Easy-Clean-Funktion.

• Bei hohem Materialdurchsatz oder starker Verunreinigung kann es zu Verstopfungen und Materialstau kommen.

Plattenmagnete

• Werden in der Regel an der Außenseite von Rohrkanälen oder in Fallschächten vor Mühlen montiert, ideal für die Rohmaterialannahme.

• Einfache Installation, geringer Wartungsaufwand, robust, geeignet für grobe Fremdkörper.

• Erfassen keine ultrafeinen Partikel; nicht für alle Förderarten geeignet.

Rohrmagnete

• Einbaufertige Rohrstücke mit innenliegendem Magnetkern

• für die Rohmaterialannahme.

• Geeignet für hohe Durchsatzleistungen

• Einfache Installation, geringer Wartungsaufwand und robust.

• Erfassen keine ultrafeinen Partikel.

Magnettrommeln / -walzen

• Rotierende Zylinder, die in einen Materialstrom integriert sind. Der Magnetkern im Inneren des Zylinders ist statisch, während die äußere Hülle rotiert.

• Kontinuierliche Abscheidung ohne Prozessunterbrechung, ideal für hohe Durchsätze und stark verunreinigte Materialien.

• Höherer Anschaffungspreis und komplexere Installation im Vergleich zu Gittern.

Automatisch abreinigende Systeme

• Gittermagnete oder rotierende Gittermagnete die in einem einstellbarem Zeitintervall durch pneumatisches verschieben der Magnetkerne automatisch abgereinigt werden.

• Hohe Abscheideeffizienz für feine Abriebe bis 30 µm, hygienische Bauweise .

• Keine manuelle Abreinigung nötig

Rotierende Magnetgittersysteme

• Systeme mit einer käfigförmigen Magnetstabausrichtung die permanent rotieren

• Gut geeignet für brückenbildende Materialien

• Hohe Abscheideeffizienz für feine Abriebe bis 30 µm; hygienische Bauweise, oft mit Easy-Clean-Funktion.

Wirtschaftlichkeit und Effizienz: Der Business Case für Magnetseparatoren

Direkte Kostenreduktion und schneller ROI

Der Einsatz von Magnetseparatoren ist eine Investition, die sich durch direkte und indirekte Kosteneinsparungen schnell amortisiert. Der offensichtlichste Vorteil ist die signifikante Reduktion von Reparatur- und Wartungskosten für nachgelagerte Maschinen. Maschinenschäden durch metallische Fremdkörper sind kostspielig und können zu ungeplanten Produktionsausfällen führen. Die Vermeidung solcher Stillstände durch die kontinuierliche Abscheidung von Verunreinigungen ermöglicht einen unterbrechungsfreien, effizienten Materialfluss. Ein Fallbeispiel aus der Industrie belegt, wie ein Magnetseparator kostspielige Verstopfungen und Maschinenschäden verhindern und damit die betriebliche Effizienz erheblich steigern konnte. Hersteller weisen explizit auf den schnellen Return on Investment hin, der durch die Vermeidung von Maschinenbeschädigungen und Produktionsverlusten erreicht wird.

Indirekte, aber entscheidende Vorteile

Über die direkten finanziellen Einsparungen hinaus bieten Magnetseparatoren entscheidende indirekte Vorteile. Sie schützen die Marke vor den verheerenden Folgen von Produktrückrufen. Solche Aktionen sind nicht nur mit enormen direkten Kosten verbunden, sondern verursachen auch einen massiven Reputationsschaden, der das Vertrauen der Verbraucher nachhaltig erschüttert. Eine robuste Separationsstrategie ist die beste Präventivmaßnahme gegen diese Szenarien. Durch die garantierte Reinheit des Endprodukts wird zudem das Vertrauen der Kunden in die Marke gestärkt, was eine langfristige Kundenbindung fördert.Es ist wichtig zu verstehen, dass die Kosten-Nutzen-Analyse von präventiven Technologien eine besondere Herausforderung darstellt. Der wahre Nutzen eines Magnetseparators liegt in dem, was er verhindert. Es ist schwierig, den monetären Wert eines verhinderten Maschinenschadens oder einer abgewendeten Rückrufaktion exakt zu beziffern. Ein sachkundiger Entscheidungsträger erkennt jedoch, dass der wahre ROI die Summe aus direkten Kosteneinsparungen (Reparaturen, Stillstand) und dem unschätzbaren Wert einer gefestigten Markenreputation und der Einhaltung von Sicherheitsstandards darstellt. Die Investition zahlt sich nicht nur in Euro und Cent, sondern auch in der Sicherheit und dem Ansehen des Unternehmens aus.

Praktische Anwendung und Umsetzung: Installation, Wartung und Sicherheit

Planung und Installation

Die Auswahl und Installation eines Magnetseparators erfordert eine sorgfältige Planung. Es gibt keine Einheitslösung für alle Anwendungen. Eine maßgeschneiderte Lösung, die auf einer detaillierten Analyse der Materialeigenschaften, des Durchsatzes und der spezifischen Kontaminationsquellen basiert, ist unerlässlich. Die meisten modernen Magnetsysteme sind für eine schnelle und unkomplizierte Integration in bestehende Rohr- und Fördersysteme konzipiert. Kundenspezifische Anpassungen für Schnittstellen und Anschlüsse erleichtern die Integration.

Wartung und Betrieb

Ein wesentlicher Vorteil von rein mechanischen Magnetsystemen ist ihr geringer Wartungsbedarf. Die Hauptaufgabe besteht in der regelmäßigen Reinigung der Magnetstäbe oder Platten, um die maximale Abscheideeffizienz aufrechtzuerhalten. Dank innovativer Designs mit herausziehbaren Magnetkernen ist die Reinigung heute schnell und unkompliziert möglich. Der Reinigungsprozess selbst, obwohl scheinbar einfach, ist ein kritischer Punkt, der sorgfältige Durchführung erfordert. Er umfasst typischerweise das Abschalten der Anlage, das Entnehmen der Magnetstäbe aus ihrer Schutzhülle und die Entsorgung der abgeschiedenen Metallpartikel. Automatisch abreinigende Systeme erlauben sogar einen vollautomatischen Betrieb. Eine unsachgemäße oder unzureichende Wartung kann die Wirksamkeit des Separators mindern. Bei der Verarbeitung von feuchten Materialien kann eine unzureichende Reinigung zudem das Risiko einer Bakterienbildung erhöhen. Daher muss selbst dieses scheinbar einfache Verfahren standardisiert und von geschultem Personal durchgeführt werden, um die volle Effizienz und die Einhaltung der Hygienestandards zu gewährleisten.

Sicherheitsaspekte

Die Handhabung von Magnetsystemen erfordert besondere Vorsichtsmaßnahmen aufgrund der starken Magnetfelder. Personen mit Herzschrittmachern oder anderen medizinischen Implantaten dürfen sich den Magnetfeldern nicht aussetzen, da dies die Funktion der Geräte beeinträchtigen könnte. Die Anziehungskraft starker Neodym-Magnete ist so immens, dass sie Werkzeuge oder ferromagnetische Gegenstände aus der Hand ziehen und Quetschungen, Blutergüsse oder sogar Knochenbrüche verursachen kann. Das unkontrollierte Zusammenprallen von Magneten selbst kann zur Zerstörung des Materials führen. Die Handhabung von Magnetsystemen sollte daher nur von geschultem Personal vorgenommen werden, das geeignete Schutzkleidung trägt und die strengen Sicherheitsvorschriften des Herstellers strikt einhält.

Fazit und Handlungsempfehlungen

Magnetseparatoren sind ein unverzichtbares, kosteneffizientes und robustes Werkzeug, das über den reinen Maschinenschutz hinausgeht und die Grundlage für die Einhaltung höchster Qualitäts- und Sicherheitsstandards in der Getreideverarbeitung und Müllerei bildet. Sie sind ein entscheidender Baustein in einem umfassenden Qualitätsmanagement, der zur Sicherung der Lieferkette und der Marke beiträgt.

Für Fachleute und Entscheidungsträger in der Branche ergeben sich aus dieser Analyse folgende Handlungsempfehlungen: Ganzheitliche Risikobewertung durchführen: Führen Sie eine umfassende Analyse Ihrer gesamten Produktionslinie durch, um kritische Kontrollpunkte für die Fremdkörperkontrolle zu identifizieren und die Magnetseparation strategisch zu platzieren.

Strategische Investition tätigen: Betrachten Sie die Anschaffung von Magnetseparatoren nicht als einfache Kostenstelle, sondern als eine strategische Investition in Anlagenschutz, Produktsicherheit und die langfristige Stärkung Ihrer Marke. Der wahre Nutzen liegt in der Vermeidung kostspieliger Schäden und Reputationsverluste.

Den passenden Separator wählen: Lassen Sie sich von einem erfahrenen Experten beraten, um das richtige Magnetmaterial und die optimale Bauform für Ihre spezifische Anwendung zu finden. Berücksichtigen Sie dabei Faktoren wie Materialeigenschaften, Durchsatz und Betriebstemperatur, um die Effizienz und Langlebigkeit der Systeme zu gewährleisten.

Sicherheit und Schulung priorisieren: Sorgen Sie für die Einhaltung aller Sicherheitsvorschriften und schulen Sie Ihr Personal umfassend in der sicheren Handhabung und Wartung der Systeme. Dies ist entscheidend, um Unfälle zu vermeiden und die volle Leistung des Separators zu sichern.

Strategische Anwendung von Magnetseparatoren in der Getreideverarbeitung und Müllerei
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Die deutsche Mühlenbranche von der Industrialisierung bis heute

Brotgetreidemühlen
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Getreidemühlen
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Mehlmühlen
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Deutschland war vor der Industrialisierung reich an tausenden Wind- und Wassermühlen.
2025
11/3/2025
Die deutsche Mühlenbranche von der Industrialisierung bis heute

Anfang des letzten Jahrhunderts standen in Deutschland zehntausende handwerkliche Mühlen. Mit der Erfindung des Walzenstuhls, der kontinuierlichen Kraftversorgung und dem Ausbau des Schienennetzes setzten sich mehr und mehr große, städtisch gelegene Getreidemühlen durch. Sie nutzten Skaleneffekte bei Energie, Arbeitszeit und Logistik, produzierten gleichbleibende Qualität und verdrängten kleinere Betriebe. 1895 zählte man rund 73.000 deutsche Mühlen, diese Zahl nahm in den folgenden Jahrzehnten kontinuierlich ab. Der romantische Mühlenmix wich einer Industrie mit hohem Kapitaleinsatz und die Zahl der Betriebe begann zu schrumpfen. Die Tiefe des Strukturwandels verdeutlicht das sogenannte Mühlensterben nach dem zweiten Weltkrieg. Gab es 1950 in Deutschland rund 19.000 Mühlen, waren es 1980 nur noch gut 2.500 aktive Betriebe. Heute vermahlen etwas mehr als 170 Mühlenbetriebe mehr als 1.000 Tonnen pro Jahr und werden deshalb in der amtlichen Statistik geführt.

Eine Mühle versorgt im Bundesdurchschnitt heute etwa 470.000 Menschen. Im Süden Deutschlands, in Bayern und Baden-Württemberg ist die Mühlendichte größer als im Bundesschnitt. Im Süden Deutschlands versorgt eine Mühle rund 265.000 Einwohner, im Norden sind es dagegen 804.000 Einwohner. (Quelle: Branchenübersicht des Verbands Deutscher Mühlen). Gründe für den regionalen Unterschied sind sicher die historisch starke Bäckerlandschaft im Süden sowie die engen Lieferbeziehungen zwischen Landwirten, Mühlen und regionalem Handwerk.

Die Drax-Mühle in Bayern ist bekannt für ihre Spezialmehle und beliefert viele Bäckereien auch in der Landeshauptstadt München (Foto: Monika Drax).

Viele kleinere Betriebe können durchaus bestehen, wenn sie sich rechtzeitig auf den Strukturwandel eingestellt, modernisiert und/oder sich auf besondere Mehle oder Bioprodukte spezialisiert haben.

Der Walzenstuhl aus Holz steht in der Mühle Paule, die heute als Museumsmühle geringe Mengen Mehl mahlt (Foto: Sabine Kemper).
Der Holländer "Paula" steht im Norden Deutschlands und ict heute eine Museumsmühle (Foto: Sabine Kemper).

Zuerst war der klassische Skaleneffekt mit der drastischen Senkung der Stückkosten durch den Wechsel zu Walzenstühlen, geschlossenen Prozessen, eine bessere Getreidereinigung und die Prozessautomatisierung Haupttreiber des Strukturwandels. Größere Anlagen hatten gegenüber kleinen den Vorteil, dass sie den Output pro Beschäftigten vervielfachen konnten. Aktuell stehen Betriebe vor neuen Herausforderungen, vor allem durch die Lebensmittelsicherheit, Umweltauflagen und hohen Energiekosten. Höhere, verbindliche Standards (HACCP, IFS Food, Rückverfolgbarkeit) begünstigen Betriebe, die Prüf- und Dokumentationspflichten in großem Maßstab effizient abbilden können. Zudem ist seit den 1990er-Jahren die Backwarenindustrie gewachsen, während die Zahl kleiner Handwerksbäckereien sinkt. Großabnehmer verlangen große, verlässliche Chargen, was wiederum große Mühlenbetriebe stärkt. Die anstehenden Berichtspflichten der EU könnten die Lage für kleinere Betriebe bald nochmal erschweren. Vor allem die CO2-Abgaben sind hier zu nennen. Die Mühlenbetriebe sind nicht direkt betroffen, aber durchaus indirekt. Beispielsweise durch Anforderungen ihrer Abnehmer an einen geringen ökologischen Fußabdruck oder durch steigende Energiepreise. Auch die Kreditvergabe könnte problematisch werden, wenn Banken diese an den CO2-Fußabdruck koppeln.  Moderne Mühlentechnik, innovative Plansichter und die Automatisierung und Datenerfassung erfordern hohe Investitionen. Für kleinere Betriebe ist das häufig nicht mehr darstellbar.

Die Bauck Mühle steht im Norden Deutschlands und ist eine der größten Bio-Hafermühlen Europas (Foto: Bauck Mühle).

Die Schaltzentrale der Bauck Mühle (Foto: Sabine Kemper).

Nach Zahlen des Verbands Deutscher Mühlen (VDM) vermahlen die deutschen Mühlen pro Jahr rund 9 Mio. Tonnen Getreide, davon etwa 7,65 Mio. Tonnen Weichweizen und 630.000 Tonnen Roggen; dazu kommen Dinkel (336.000 t) und Hartweizen (435.000 t). Daraus werden u. a. 6,1 Mio. Tonnen Weizenmehl und 557.000 Tonnen Roggenmehl.

Trotz der Konzentration bleibt die Branche mittelständisch geprägt. Oft führen Familien über Generationen die Mühlenbetriebe. Gleichzeitig haben die großen Mühlengruppen wie u.a. GoodMills, die Bindewald & Gutting Mühlengruppe, die Gebr. Engelke und die Hemelter Mühle Dr. Cordesmeyer einen erheblichen Marktanteil und beliefern die Back- und Lebensmittelindustrie. Die zehn größten Unternehmensgruppen produzieren an 37 Standorten zusammen mehr als 6 Mio. Tonnen pro Jahr. Kleinere und mittlere Mühlen behaupten sich mit Regionalität, Sortimentstiefe (Spezialmehle, Mischungen, Bio, Urgetreide), Mühlenläden und B2B-Nischen. Kurz gesagt wird Deutschland künftig vielleicht noch weniger Mühlenbetriebe verzeichnen, aber es wird weiterhin eine vielfältige Mühlenlandschaft mit klarer Arbeitsteilung zwischen Großindustrie und Mittelstand geben. Die Versorgung ist sicher, die Vielfalt bleibt und der Strukturwandel ist, bei aller Verlangsamung, nicht abgeschlossen.

Quellen

Verband Deutscher Mühlen (VDM): Mühlen in Deutschland – Zahlen zu Anzahl der Mühlen, regionaler Verteilung, Vermahlungsmengen und historische Entwicklung (Stand: Sept. 2023).

Ökolandbau.de/Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE): Branchenzahlen zum Wirtschaftsjahr 2022/23 (Anzahl erfasster Betriebe).

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KAHL Gruppe auf der FI Europe: Verfahrenstechnik für Pulver, Granulate, Extrakte und weitere Lebensmittelzutaten

Anlagenbau
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KAHL Gruppe vom 2. bis 4. Dezember bei der Food Ingredients Europe (FI Europe) in Paris.
2025
11/2/2025
KAHL Gruppe auf der FI Europe: Verfahrenstechnik für Pulver, Granulate, Extrakte und weitere Lebensmittelzutaten

Bereits zum 30. Mal bringt die FI Europe internationale Maschinenbauer sowie Fachleute und Entscheider der Lebensmittelindustrie zusammen, um sich über aktuelle Entwicklungen in der Inhaltsstoff- und Prozesstechnologie auszutauschen. Mit ihrer Präsenz in Paris unterstreicht die KAHL Gruppe ihre Rolle als verlässlicher Technologiepartner der Branche. Im Mittelpunkt stehen energieeffiziente, präzise steuerbare und Anlagenlösungen für eine wirtschaftliche und nachhaltige Lebensmittelproduktion.

Amandus Kahl

Amandus Kahl stellt die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten der Wirbelschichttechnologie zur präzisen Verarbeitung von Lebensmitteln vor. So können Pulver und Granulate gezielt getrocknet, agglomeriert oder beschichtet werden – bis hin zur Herstellung mikroverkapselter Produkte mit exakt definierten Eigenschaften. Selbst temperaturempfindliche Stoffe lassen sich auf diese Weise schonend und reproduzierbar verarbeiten. Während kontinuierliche Wirbelschichtanlagen ihre Stärken vor allem in der großvolumigen, automatisierten Produktion zeigen, überzeugen Batchsysteme durch ihre hohe Flexibilität bei wechselnden Rezepturen, kleineren Chargen und in der Forschung und Entwicklung. Als kleinste Wirbelschichtanlage von Amandus Kahl ist die ausgestellte LFB mini S speziell für den Labormaßstab konzipiert. Sie arbeitet im Batchbetrieb, ist mobil und bietet höchste Flexibilität, um Prozesse schnell und komfortabel durchzuführen.

Devex und Pruess

Devex rückt das Thema „Efficiency Consulting“ in den Mittelpunkt. Das Unternehmen unterstützt als Anbieter verfahrenstechnischer Lösungen Hersteller der Lebensmittelindustrie dabei, thermische Prozesse wie Extraktion, Eindampfung und Trocknung energetisch zu optimieren. Die Anwendungen reichen von der Herstellung von Instantkaffee über die Gewinnung von Aromen und Wirkstoffen bis hin zur Vakuum- und Gefriertrocknung von Lebensmitteln. Pruess steht ebenfalls für Anlagenbaukompetenz in der Extraktions- und thermischen Verfahrenstechnik, ergänzt durch Pufferansatzbereiche, CIP/SIP-Reinigungsanlagen und die thermische Behandlung sensibler Produkte. Mit modernem Engineering sorgt das Unternehmen für sichere und präzise Prozesse in hochregulierten Produktionsumgebungen.

F.H. Schule Mühlenbau

F.H. Schule Mühlenbau unterstützt mit schlüsselfertigen Anlagen und Spezialmaschinen sowohl Müllereibetriebe bei der effizienten Verarbeitung von Getreide, Leguminosen und Ölsaaten als auch Lebensmittelhersteller, die pflanzliche Proteine als nachhaltige Eiweißquelle nutzen. Präzise Maschinen wie der Fliehkraftschäler oder die konische Schälmaschine Verticone VPC sichern dabei eine hohe Kernausbeute bei minimalen Verlusten.

Mit ihrem breiten Portfolio deckt die KAHL Gruppe nahezu alle verfahrenstechnischen Schritte der Lebensmittelverarbeitung ab – von der Aufbereitung über die Extraktion und Trocknung bis hin zur Pelletierung und Kühlung. Besucher der FI Europe finden am Stand 40A124 Ansprechpartner aller vier Unternehmen sowie weitere Vertreter der Gruppe, darunter des neu hinzugekommenen Unternehmens Reinartz, die vor Ort als Ansprechpartner anzutreffen sind.

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